First Class

Tony Lakatos – „Blue Chili“

von Frank Becker

First Class
 
Tony Lakatos´ neues Album hat das Zeug zum Klassiker
 
Er gehört zu den anerkannten Größen nicht nur der deutschen Jazz-Szene, sei es im Gypsy-Jazz, Latin oder den Spielarten des zeitgenössischen und Modern Jazz, aber auch als Solist und Sideman anderer Formationen wie denen von Gismo Graf, Andreas Hertel, Jermaine Landsberger, Dominik Raab, Nice Brazil, Axel Fischbacher, Julian & Roman Wasserfuhr oder den Big Bands von HR und NDR (um nur einige zu nennen) ist Tony Lakatos dank seines enormen Spektrums und seiner überbordenden Musikalität höchst begehrt. Ein Meister an Tenor- und Sopransaxophon und – wie wir auf seinem jüngsten Album hören können – auch an der Altflöte.
Neun neue Titel hat Tony Lakatos für sein aktuelles Album „Blue Chili“ geschrieben und arrangiert, dazu ein erlesenes Ensemble zusammengestellt und in den Emil Berliner Studios in Berlin aufgenommen.
 
Das Album mit selbsterklärenden Titeln wie Eugen Choose The Shorter Way, Mingus Diggs und Zoot Suits steht in bester Modern-Tradition mit coolen Bebop-Elementen. Erst vor wenigen Tagen starb der Saxophonist Wayne Shorter (1933-2023), dem Lakatos neben dem Saxophonisten Zoot Sims (1925-1985), dem legendären Bassisten Charles Mingus (1922-1979) und dem Pianisten Eugen Cicero (1940-1997) ganz eindeutig dieses Album zu Füßen gelegt hat.
Elegant und kultiviert eröffnet Rama IX im Uptempo die gute Stunde Spitzen-Jazz, bietet in Zoot Suits feine Soli von Trompete und Kontrabaß, setzt mit dem langsamen Titelstück Blue Chili im feinem Takt des Schlagzeugs, sanfter Kontrabaß-Eröffnung von Hans Glawischnig und einem Trompetenpart von Alex Spiagin, der Miles Dais zur Ehre gereicht hätte, die klassische Linie eindrucksvoll fort. Ein gut einminütiges Parlando von Trompete und Tenorsaxophon macht in Easy Wish den Weg für ausgedehnte schnelle Piano-Läufe und ein einminütiges Schlagzeug-Solo frei. Die erwähnte Altflöte kommt in Eugen Choose The Shorter Way beeindruckend sanft zum Zug, in dem auch Danny Grisett an den Fender Rhodes brilliert.  
Von kostbarer Verträumtheit schimmert Amla Noc, dem Le Babe in virtuosem Bebop-Sound mit einem delikaten Klavier-Part folgt. Mingus Diggs gehört mit seinem unter die Haut gehenden Slow neben Blue Chili zu den glänzendsten der neun bildschönen Titel. Auch hier kann Hans Glawischnig am Kontrabaß ausgiebig punkten. Traumhaft! Pocket Waltz läßt dieses rare Album mit allerlei spielerischen Elementen federleicht austrudeln.
 
„Blue Chili“ ist Ein Album, das in der Tat das Zeug hat, zu einem Klassiker des Modern Jazz zu werden – Jazz-Genuß von hohem Rang und uneingeschränkt unser Prädikat, den Musenkuß wert. Sehr zu empfehlen.
 
Tony Lakatos – „Blue Chili“
© 2022 Skip Records (CD)
Tony Lakatos (ts, afl) - Alex Spiagin (tp, flh) - Danny Grissett (p, fender rhodes) -  Gregory Hutchinson (dr) - Hans Glawischnig (b)
 
Titel:
1  Rama IX  2  Zoot Suits  3  Blue Chili  4  Easy Wish  5  Eugen Choose The Shorter Way  6  Amla Noc  7  Le Babe  8  Mingus Diggs  9  Pocket Waltz
Gesamtzeit: 1:02:41
 
Weitere Informationen: www.skiprecords.com