Das Remarque’sche Beziehungsgetümmel

Hans Boeters – „Krieg und Liebe“

von Renate Wagner

Das Remarque’sche Beziehungsgetümmel
 
Erich Maria Remarque und die Frauen

Er ist der Mann, der „Im Westen nichts Neues“ geschrieben hat, den Kriegs- bzw. Antikriegsroman, der schon bei seinem Erscheinen zu einer Sensation mit Millionenauflage wurde. Wenn nun die Netflix-Neuverfilmung bei der „Oscar“-Verleihung 2023 den Preis als „Bester ausländischer Film“ heimtragen konnte, potenziert sich das Interesse an seinem Autor, Erich Maria Remarque (1898 – 1970). Noch dazu, wo dieser durchwegs erotische Beziehungen mit einigen der berühmtesten und schönsten Frauen seiner Zeit unterhielt. Er war einfach ein Homme à femmes, wie man es früher nannte… „Mit Frauen? Tat ich mir immer leicht“, sagte er von sich selbst.
Grund genug für den Benevento-Verlag, auf das Buch von 2018 zurückzugreifen, wo sich Autor Hans Boeters nach langjähriger Recherche des Lebens von Remarque annahm, allerdings nicht die Form der Biographie, sondern des Romans wählte.
 
Eingeführt wird Remarque als „Nachtschwärmer und Nachtarbeiter oder, zeitversetzt, Spätaufsteher. Er frühstückte meist erst gegen Mittag und lebte in die Nacht hinein auf“. Die Frauen paradieren durch das Buch – fast hätte man es lieber nüchtern, biographisch, als in der schwelgerischen Roman-Sprache des Autors.
Ilse Jutta Zambona ist die erste im Reigen, er lernt sie als Fünfundzwanzigjähriger bei einer Silvesterfeier in Hannover kennen„sie sollten sich lieben!“ Was sie auch getan haben, glücklich, quälerisch, schmerzlich. Zweimal sind sie verheiratet, die zweite Scheidung erfolgt, damit er die Schauspielerin Paulette Goddard heiraten konnte – eine glückliche Beziehung bis an sein Ende. Vielleicht die einzige.
Dazwischen geistern viele berühmte Damen durch das Buch, fas auch Remarques nicht sehr glückliche Jugend behandelt. In Osnabrück, wo er mit dem eher glanzlosen Namen Erich Paul Remark am 22.Juni 1898 geboren wurde. Lehrer sollte der begabte Klavierspieler werden, dann kam schon der Krieg, der später „Erster Weltkrieg“ heißen sollte.
Der Krieg traf „Remark“ hart, 1916 eingezogen und schwer verwundet, erlebte er alle Schrecken des Soldatenlebens – und schrieb sie mit (mit der Hand – das ganze Buch). „Im Westen nichts Neues“ erschien dann zuerst 1929, als er längst vom Lehrer zum Journalisten und Schriftsteller geworden war, in Berlin lebte und seinen Namen wirkungsvoll geändert hatte. Seit 1925 war die Tänzerin Zambona seine Frau. „Im Westen nichts Neues“ erreichte schon 1930 die Auflage von einer Million. Remarque sollte nichts Erfolgreicheres schaffen.
 
Als Frauenheld, der auch als großer Trinker bekannt war, pflückte er hingegen, was es an Attraktivem gab. Er war berühmt, viele der Damen auch, gegenseitiger Glamour zog sich an. Ein abenteuerliches Leben in abenteuerlichen Zeiten, sicher ein Leben wie ein Roman (das man dennoch als Biographie lieber hätte) – und immer sind da die Frauen.
Die Schauspielerin Ruth Albu hat für ihn ihren Mann Heinrich Schnitzler verlassen. Marlene Dietrich taucht auf und verschwindet und taucht wieder auf (eine Beziehung so schillernd, wie sie der Persönlichkeit der Dietrich entsprach). Society-Lady Margot von Opel, Filmstar Hedy Lamarr und viele weniger Berühmte.
Remarque war reich genug geworden, sich im Tessin das Anwesen Casa Monte Tabor in Porto Ronco zu kaufen, wo der Schriftsteller Emil Ludwig und der Kunsthändler Walter Feilchenfeldt seine Nachbarn waren und wohin er sich gerne zum Schreiben zurückzog.
Aber er war Deutscher und einer, dessen Werke den neuen nationalsozialistischen Herren nicht gefielen. Sie warfen „Im Westen nichts Neues“ ins Feuer – wer Krieg plant, braucht keine Anti-Kriegsbücher. Remarque, der in seiner Schweizer Villa viele Flüchtlinge aufnahm, mußte erleben, daß auf seinem Grundstück der Journalist Felix Manuel Mendelssohn ermordet wurde – möglicherweise hatten die Nationalsozialisten ihn gemeint.
 
Remarque emigrierte in die USA, sah dort Marlene Dietrich wieder, hatte eine kurze Romanze mit Greta Garbo (ein paar Monate der Verzauberung seinerseits), verliebte sich in die russische Fürstin Natalie Paley (ihr Vater war ein Bruder von Zar Nikolaus II. gewesen), um nur die spektakulärsten Namen zu nennen. Von der Russin heißt es übrigens, sie sei seine einzig große, echte Liebe gewesen… schwer zu glauben in dem Remarque’schen Beziehungsgetümmel.
Paulette Goddard hatte immer wieder seinen Weg gekreuzt, schon als sie noch Charlie Chaplins Ehefrau war. 1958 haben sie geheiratet und lebten bis zu seinem Tod auf seinem Schweizer Anwesen. Es war etwas wie ein Happyend nach langem Suchen.
Eine fabelhafte Zeittafel im Anhang über Ereignisse des Zeitgeschehens, Remarques Leben und Schaffen und, in einer eigenen Spalte, die jeweils aktuellen Frauen, ist eine Lektüre für sich.
 
Hans Boeters – „Krieg und Liebe“
Erich Maria Remarque und die Frauen (Roman)
2018 Verlag Benevento, 272 Seiten, gebunden - ISBN-13 9783710900327
Österreich: 24,- € / Deutschland: 24,- € / Schweiz: 32,90 sFr *
 
Weitere Informationen: www.beneventopublishing.com