Heine, Schmitz, Eulenberg & Co.

Solvejg Müller - "Literarische Wege durch Düsseldorf"

von Frank Becker
Ein kurzweiliger Spaziergang durch eine ein wenig verkannte Residenzstadt

Düsseldorf und Heinrich Heine - gut, über den Zusammenhang wissen die meisten Deutschen schon Bescheid. Schließlich hat es ein jahrelanges Ringen um die Benennung der dortigen Universität nach dem unvergleichlichen Schöpfer deutscher Lyrik und Prosa, dem
Kritiker, Satiriker und Volksdichter gegeben. Na, und Goethe war ja wohl fast überall einmal, seine Spuren sind in ungezählten regionalen Literaturführern, die sich wie z.B. Ilmenau mit seinem zumindest temporären Aufenthalt rühmen, zu finden. So eben auch Düsseldorf.

Daß dieses Düsseldorf allerdings weit mehr ist, als "nur" Geburts- oder Aufenthaltsort namhafter Literaten, belegt die promovierte Germanistin und Philosophin Solvejg Müller, die als Neu- Düsseldorferin seit 1980 in der einstigen rheinischen Provinz- und Residenzstadt, jetzt Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens und Wirtschaftsmetropole lebt und arbeitet. Es hat sich immer wieder erwiesen, daß Zugezogene mehr über ihren Lebensmittelpunkt wissen als Einheimische. Das bewahrheitet sich auch hier. Denn es hat in der Tat bis dato keinen literarischen Reiseführer für Düsseldorf gegeben, wie es lange schon für Berlin, München, New
York oder Breslau geschehen ist. Den schmerzlichen Mangel empfand Solvejg Müller, die als "taz"-Autorin Erfahrung mit Reiseartikeln hatte und nutzte ihr "Sabbat-Jahr" als Lehrerin, um dem abzuhelfen. Sie las sich durch Biographien, Briefbände, Reiseberichte, Primär- und Sekundär-Literatur, erwanderte während dreier Monate die Stadt (bis hin nach Oberbilk) gemeinsam mit der Fotografin  Elisabeth Kaltenbach, wobei sie etwa 400 Kilometer zu Fuß zurücklegte und setzte sich weitere drei Monate an den Schreibtisch.

Was der Leser nun in die Hand bekommt, ist ein kurzweiliger, sehr informativer und ausgesprochen sachkundiger Führer durch die literarische Vergangenheit und Gegenwart Düsseldorfs - und zu allem auch noch so angenehm zu lesen, daß aus der Sachlektüre Vergnügen wird. Im Interview räumt Solvejg Müller  ihre eigene Überraschung angesichts der Fülle an literarischen Bezügen der Stadt ein, ob das die Wiederentdeckung des intellektuellen Umfeldes des Jacobi-Kreises war, der u.a. Wilhelm Heinse als Mitarbeiter an der Zeitschrift "Isis" nach Düsseldorf holte (die Wurzeln von Heinses berühmten Roman "Ardinghello" sind dort zu suchen) oder die Auseinandersetzung Grabbes mit Immermann. "Natürlich erhebe ich bei weitem keinen Anspruch auf Vollständigkeit", betont Solvejg Müller, doch ihr Buch bietet mit sein Fotos und Textauszügen einen durchaus veritablen Schatz an Information über Personen, Ereignisse (u.a. Heines letzten Tag in Düsseldorf) und Literaturen, die sich von Spoerl und Müller-Schlösser, H.H. Schmitz und Herbert Eulenberg bis Günter Grass, Raimund Hoghe und Martin Walser erstrecken. Am besten liest man das Buch selbst. Jeder Düsseldorf-Besucher mit literarischen Interessen und schon grade jeder Düsseldorfer sollte das Buch haben.
   
Beispielbild


Solvejg Müller
Literarische Wege durch Düsseldorf

© 2006 Sutton Verlag

143 Seiten, Paperback mit Index, Hinweisen und vielen s/w-Fotos von Elisabeth Kaltenbach
16,90 €

Weitere Informationen unter:
www.suttonverlag.de