Angelika Kauffmann ausstellen

Angelika Kauffmann Museum in Schwarzenberg

Red.

Angelika Kauffmann, Selbstbildnis um 1802, © vorarlberg museum,
Bregenz und Angelika Kauffmann Museum, Foto: Markus Tretter
Angelika Kauffmann ausstellen
 
Angelika Kauffmann Museum
7. Mai 2023 — 29. Oktober 2023
 
Mit dem Aufkommen öffentlicher Ausstellungen im 18. Jahrhundert wird Kunst zum gesellschaftlichen Ereignis. Die Karriere von Angelika Kauffmann (1741–1807) fällt genau in diese Zeit. Viele ihrer besten Gemälde entstehen ohne Auftrag für die jährlichen Ausstellungen der Royal Academy of Arts in London. Auch das Bild, das wir heute von der berühmten Malerin haben, wurde und wird vor allem durch Ausstellungen geformt. Originalwerke und Archivmaterial erzählen von dieser Geschichte und von einer Künstlerin, die ihr Publikum immer schon mitgedacht hat.
Von 2022 bis 2024 wird in den Sommerausstellungen des Angelika Kauffmann Museum ein besonderer Fokus auf die eigene Sammlung und die Angelika-Kauffmann-Sammlung des Vorarlberg Museum in Bregenz gelegt. Ziel ist es, einerseits Schlaglichter auf diese Bestände und bisher selten gezeigte Originalwerke zu werfen und andererseits anhand von Archivmaterial, Publikationen und zeitgeschichtlichen Dokumenten die Rezeptions-, Sammlungs- und Ausstellungsgeschichte der Künstlerin, insbesondere aus Vorarlberger Sicht, nachzuzeichnen.
Während in der ersten Ausstellung der Trilogie im Vorjahr Fragen zu Herkunft und Identität und zur öffentlichen Wahrnehmung der Künstlerin und ihres Werks im Mittelpunkt standen, beschäftigt sich die diesjährige Ausstellung mit dem Phänomen der Ausstellung selbst. Welche Ausstellungsprojekte der vergangenen Jahrzehnte waren die wichtigsten Meilensteine der Kauffmann-Rezeption? Welche Aspekte ihres Werks und ihrer Persönlichkeit wurden jeweils in den Fokus gerückt? Wo und in welchen Zusammenhängen wurden ihre Werke ausgestellt? Wie haben sich Präsentationsformen und Sehgewohnheiten im Laufe der Zeit verändert? Diese und andere Fragen werden anhand von Originalgemälden, Zeichnungen und Druckgrafiken sowie historischen Ausstellungsfotos, Katalogen, Zeitungsberichten und anderem Archivmaterial erstmals genauer beleuchtet. Die Ausstellungsgeschichte der Künstlerin wird umfassend aufgearbeitet und anhand ausgewählter Exponate und Hängungen im Ausstellungsraum in Schwarzenberg rekonstruiert.
 
„Exhibition pieces“
 
Angelika Kauffmann verdankte ihre bereits zu Lebzeiten erlangte internationale Berühmtheit nicht zuletzt der Tatsache, daß sich die Kunst im 18. Jahrhundert mit dem Aufkommen öffentlicher Ausstellungen wie dem Pariser Salon und den Londoner Akademie-Ausstellungen zu einem gesellschaftlichen Ereignis für ein breites Publikum wandelte. Neben dem Hof- und Auftragskünstler betrat der neue Typus des Ausstellungskünstlers die Bühne der Kunstwelt. Als Gründungsmitglied der 1768 ins Leben gerufenen Royal Academy of Arts in London nahm Angelika Kauffmann regelmäßig an deren jährlichen Ausstellungen teil. Viele ihrer besten Gemälde entstanden ohne Auftrag eigens für diesen Zweck. Sie erkannte schnell das Potential dieser neuen Kunst-Events, die zehntausende Besucher:innen anzogen und von der Presse mit großem Interesse verfolgt wurden. Zeitungen und Magazine berichteten ausführlich über die ausgestellten Werke, über den neuesten Klatsch und Tratsch und den einen oder anderen Kunst-Skandal. Mittels wohlkalkulierter, eigens für die Ausstellungen geschaffener Gemälde, sogenannten „exhibition pieces“, generierte Angelika Kauffmann Aufmerksamkeit für ihre Person und erhoffte sich Anerkennung durch Kunstkritik und Publikum sowie neue lukrative Aufträge für Porträts und Historiengemälde. Diese Entwicklung legte den Grundstein für den modernen Kunst- und Ausstellungsbetrieb, wie wir ihn heute kennen.
 

Angelika Kauffmann, David und Nathan, um 1806-07, l auf Leinwand, © vorarlberg museum, Bregenz, Foto: Markus Tretter

Ausstellungsgeschichten
 
Nach ihrem Tod lag es an den Erben, Sammlern, Museen und Kunsthistoriker:innen das Werk von Angelika Kauffmann zu erhalten, in der öffentlichen Wahrnehmung lebendig zu halten, zu erforschen und in der Kunstgeschichte zu verankern. Mit Ausstellungen und deren Begleitpublikationen haben Ausstellungsmacher:innen ihr Andenken bewahrt und das Bild einer bedeutenden historischen Künstlerpersönlichkeit und Frauenfigur geformt. Vor allem Geburts- oder Todestage der Künstlerin waren in den vergangenen hundert Jahren oft Anlass für Einzelausstellungen. Die erste große Angelika-Kauffmann-Ausstellung in Österreich fand 1908 im nur wenige Jahre zuvor neu errichteten Vorarlberger Landesmuseum in Bregenz statt. Damit war diese Ausstellung gleichzeitig die erste große öffentliche Kunstausstellung überhaupt in Vorarlberg. 1941 folgte anlässlich des 200. Geburtstags der Malerin eine Präsentation in ihrem Geburtsort Chur, die aufgrund der Wirren des Zweiten Weltkriegs allerdings hauptsächlich auf Werke aus Schweizer Sammlungen beschränkt blieb. Das mondäne Ambiente des Londoner Kenwood House, das in der Zeit von Angelika Kauffmann von den berühmten Architekten Robert und James Adam im neoklassizistischen Stil umgebaut und erweitert wurde, war 1955 Schauplatz der ersten monografischen Ausstellung ihrer Werke in England. Eine groß angelegte, vom Vorarlberger Kunsthistoriker Oscar Sandner organisierte Ausstellung im Landesmuseum in Bregenz zeigte Kauffmann 1968 im Kontext mit Werken ihrer Zeitgenossen. Die zweite Station dieser Ausstellung im Winter 1968/69 im Museum für Angewandte Kunst in Wien machte die große Tochter Österreichs – zeitgleich zur Vorstellung der 100-Schilling-Banknote mit ihrem Porträt – auch in der Bundeshauptstadt einem breiteren Publikum bekannt.
 
Angelika Kauffmann Superstar
 
Die Ausstellung „Hommage an Angelika Kauffmann“, die 1992 in Vaduz und Mailand gezeigt wurde, stellte Kauffmanns Gemälden erstmals Arbeiten der Gegenwartskunst von Hermann Nitsch, Valie Export oder Tone Fink gegenüber. Die Übermalung einer Kauffmann-Grafik von Arnulf Rainer (geboren 1929) steht in der aktuellen Ausstellung im Angelika Kauffmann Museum stellvertretend für diesen damals neu angestoßenen anderen Blick auf das Werk der Künstlerin. Die von Bettina Baumgärtel kuratierte große Retrospektive 1998 und 1999 mit Stationen in Düsseldorf, München und Chur markierte einen vorläufigen Höhepunkt in der Kauffmann-Forschung und der modernen Ausstellungsgeschichte der Künstlerin. Von der Presse wurde die Retrospektive als Jahrhundertereignis gefeiert und Angelika Kauffmann sicherte sich endgültig ihren angestammten Platz als eine der bedeutendsten Künstler:innen der Malereigeschichte. Seit 2007 erinnert das anlässlich des 200. Todestags der Künstlerin eröffnete Angelika Kauffmann Museum in Schwarzenberg jährlich mit einer thematischen Ausstellung an die berühmte Tochter der Gemeinde. Es ist der einzige Ort in Österreich, an dem regelmäßig Originalwerke von Angelika Kauffmann zu sehen sind und noch immer eines der wenigen Museen weltweit, das einer Frau gewidmet ist.
 

Angelika-Kauffmann-Gedächtnis-Ausstellung 1908, Vorarlberger Landesmuseum, Bregenz, u.a. mit dem Schwarzenberger
Hochaltarbild und „David und Nathan“, © vorarlberg museum, Bregenz, Fotothek

Auf Augenhöhe
 
Einen besonderen Höhepunkt der Ausstellung bildet das Hochaltargemälde aus der Schwarzenberger Pfarrkirche. Zum ersten Mal seit es als Leihgabe in der Kauffmann-Retrospektive 1998 und 1999 in Düsseldorf, München und Chur gezeigt wurde, wird das beeindruckende großformatige Gemälde von seinem Platz in der Pfarrkirche entfernt und im Rahmen einer Ausstellung in Szene gesetzt. Angelika Kauffmann hat das Bild 1802 in Rom vollendet und der Heimatgemeinde ihres Vaters zum Geschenk gemacht. Ungefähr zur selben Zeit entstand auch ihr letztes Selbstbildnis, das ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist. Als das Altargemälde einst in Schwarzenberg eintraf, wurde es aufgrund des großen Menschenandrangs zunächst vor der Kirche der Bevölkerung präsentiert. Im Angelika Kauffmann Museum bietet sich nun wieder die einmalige Gelegenheit, dieses Meisterwerk, das sonst hoch über dem Altar hängt, ganz aus der Nähe zu bewundern. Auf Augenhöhe mit dem Bild werden Details und malerische Feinheiten sichtbar, die sonst verborgen bleiben. Hier zeigt sich, daß Ausstellungen nicht nur Kunstgeschichte schreiben, sondern vor allem auch eine Schule des Sehens sind.
 

Angelika Kauffmann, Die Krönung Mariens durch die Heiligste Dreifaltigkeit, 1802, l auf Leinwand,
Hochaltar, Katholische Pfarrkirche Hl. Dreifaltigkeit, Schwarzenberg, Foto © Adolf Bereuter

In Szene. - Angelika Kauffmann ausstellen
7. Mai bis 29. Oktober 2023
Angelika Kauffmann Museum
Brand 34
A - 6867 Schwarzenberg

W: http://www.angelika-kauffmann.com/