Die berühmten Mehrfranksätze 2023
Mülleimer: Manche schaffen es gleichzeitig zwei Mülltonnen von dem Bürgersteig zu rollen. Da braucht man Platz und einen Plan. Nichts sollte einen dabei ablenken. Ein Blick zu der schönen Nachbarin könnte verheerende Folgen haben. Ich schaffe es sogar drei Mülltonnen von der Straße zu rollen, indem ich den kleinsten von ihnen, in meinem Fall den Grünabfallmülleimer, in den großen für Plastikmüll setze. Der Große transportiert den Kleinen. So habe ich noch eine Hand frei für die dritte Mülltonne und erreiche es immer, daß ich damit viel Aufmerksamkeit erlange. Mein Nachbarin schaut dann bewundernd zu mir und sagt zu ihrem Ehepartner: „Schau mal was der Mann kann. Warum kannst du das nicht, du Niete?“ Gelungen bei der Aktion finde ich auch, daß die gelbe Tonne für den Plastikmüll der adäquate Entsorger für die Plastikgrünmüllabfalltonne geworden ist. Anders wäre das gar nicht erlaubt, denn nur Plastik sollte Platz in einer Plastikmülltonne finden.
Umwege: Ich habe jetzt mal meine Weißwäsche mit einem Waschmittel für Buntwäsche gewaschen. Sie wurde zwar sauber, aber man spürte doch, daß das Waschergebnis einen Umweg gegangen ist. Ich meine, der Sohn meines Nachbarn bekommt auch Klavierunterricht, obwohl er lieber auf seinen Inlineskates rumflitzt. Ich meine, was soll denn das Buntwaschmittel beim Einsatz in einem Weißwäschewaschgang ausrichten? Da herrscht eine Fokussierung auf etwas, welches bei Weißwäsche nicht zu finden ist: Farben. Wurde da die Bundeswehr eingesetzt, um bei einem Kindergartenfest die Würstchenbude zu sichern? Da verwirrt der Schlußeindruck. Es erinnert mich an einen Hamburger, der eine bayrische Ausstrahlung vortäuscht, um seinen Passauer Schwiegereltern zu gefallen. Erwarten wir beim falschen Einsatz unserer Hilfsmittel keine Wunder. Ich habe auch mal ein Knäckebrot mit Honig gegessen und wußte nachher, daß wir alle nur Spielbälle in Gottes Hand sind. Passen wir auf, daß wir nicht in Nachbars Garten landen.
Guter Mensch: Ich habe gar nicht die Zeit dazu, ein guter Mensch zu sein. Ich sage immer, wann soll ich das denn auch noch machen? Nichts gegen das gut sein, aber man muß es sich schon erlauben können. Mein Freund Uwe ist mit einer guten Frau verheiratet. Sie können sich vorstellen wie schwer das ist, das in einen normalen Alltag zu integrieren. Ich meine, die haben gerade erst gebaut und zwei kleine Kinder, da ist ihr gut sein wenig hilfreich. Sie leckt ihm sogar die Briefmarken ab, obwohl sie selbstklebend sind. Also ich möchte nicht in ihrer Haut stecken. Wenn man alt ist und Zeit hat, dann soll man seine guten Eigenschaften ausleben. Ich habe einen Nachbarn, der geht jeden Dienstag in ein Seniorenheim und streichelt Demenzkranke. Nichts gegen das Ehrenamt, aber dafür muß man auch Zeit haben. Es wird einem ja nichts geschenkt. Vor allen Dingen man ja auch mal erstmal wen haben, dem man mit seinem gut sein gut tun kann. Also ich will nicht, daß man mir hilft. Ich mache meine Fehler gern alleine.
(weitere folgen)
© Erwin Grosche
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