Karl May - Briefe

Briefwechsel mit Friedrich Ernst Fehsenfeld in zwei Bänden

von Frank Becker
Karl May für die Großen

Als Knaben bekamen wir ab einem bestimmten Alter immer mal wieder zum Geburtstag, auf jeden Fall aber zu Weihnachten einen neuen Band Karl May geschenkt. Dafür waren der Vater oder die Onkel zuständig, denn die wußten aus der eigenen Jugend noch sehr gut Bescheid. Die Romane, die aus ihrem Besitz auf uns überkamen, waren durch -zig Hände gegangen, dementsprechend zerlesen, geklebt und abgewetzt, aber dennoch Schätze, die ihren Platz im Bücherregal des Jugendzimmers fanden und gehütet wurden. Einige wenige unterschieden sich durch die Gestaltung ihrer irgendwie anderen Deckelillustrationen von den Büchern, die neu aus dem Bamberger Karl May Verlag dazukamen. Schlug man nach, woher sie gekommen waren, fand man die Angabe: Verlag von Friedrich Ernst Fehsenfeld, Freiburg i.B..

Damals verschlangen wir aufgeregt die Reiseabenteuer von Karl May im Schein der Nachttischlampe oder nach der verordneten Schlafenszeit mit der Taschenlampe heimlich unter der Bettdecke. Wir ritten mit Old Shatterhand und Winnetou durch den Wilden Westen, begleiteten Old Surehand und Old Firehand durch ihre Kämpfe, waren dabei, wenn es durch die Schluchten des Balkan und den Orient ging. Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah waren dort unsere Helden. Durch die Kordilleren, am Stillen Ozean, in Rußland und im Erzgebirge spielten die Geschichten, die uns die Welt näher brachten - als wären wir selbst dabei gewesen. Später, als Studenten lachten wir über den Blauroten Methusalem, den alten Corpsstudenten, der nach China reist.

Das ist eine Weile her. Als gestandene Männer und würdige Herren verschenkten nun wir die Karl May-Romane an Söhne und Neffen. Doch auch für die "erwachsene" Männer-Generation blieb - neben dem heimlichen Wiederlesen der alten Schmöker im Bastelkeller - noch einiges zu entdecken.
Karl Mays Autobiographie "Ich" zum Beispiel, die wir als Jungen verschmäht hatten, weil wir gar nicht hinter das Geheimnis kommen wollten. Jetzt bot sie sich an. Aus dem Karl May Atlas konnten wir früher nicht schöpfen. Jetzt gibt es ihn, ebenso wie eine neue Biographie und eine fünfbändige Chronik. Wir konnten uns endlich an "Ardistan und Dschinnistan" wagen, das wir damals einfach nicht abenteuerlich genug fanden und das jetzt in einer wunderschönen Fehsenfeld-Neuauflage zu haben ist, sowie mit den herrlichen Illustrationen, die in den beiden Bänden "Traumwelten" gesammelt sind, ein weiteres Mal die Reise um die Welt antreten.

Wie das alles zustande kam, enthüllt in zwei Bänden, die sich ins Gesamtbild der Karl May-Bibliothek einfügen, der jetzt vollständig von Dieter Sudhoff
(†) und Hans-Dieter Steinmetz herausgegebene Briefwechsel zwischen Karl May und seinem jahrzehntelangen Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld. Der Karl-May-Verlag Bamberg • Radebeul hat die beiden sorgfältig edierten, illustrierten und mit Fußnoten erläuterten Bücher verlegt und damit den Forschergeist nicht nur der Literatur- Historiker, sondern auch der Leser angespornt. Wie war denn das nun wirklich mit der Entstehungsgeschichte der Abenteuerromane und wo hat Karl May seine Geschichten zuerst veröffentlicht; wie sind Autor und Verleger miteinander umgegangen und wie haben sie ihre immer wieder aufkeimenden Uneinigkeiten überwinden können? Wie hat es Fehsenfeld geschafft, May so lange zu halten? Lesen Sie die Briefe, die auf ihre Art ebenso interessant sind wie eine der spannenden Erzählungen - schließlich war Karl Mays Leben nicht weniger als ein Roman. Über die Briefe können wir hautnah daran teilnehmen. Etwas für Papas Weihnachtstisch.
Beispielbild

Karl May
Briefwechsel mit Friedrich Ernst Fehsenfeld in 2 Bänden

Hrsg. von Dieter Sudhoff
(†) und Hans-Dieter Steinmetz

© 2008 Karl May Verlag

Bd. I: Briefe 1891-1906
544 Seiten, Leinen, mit vielen Anmerkungen und etlichen Illustrationen und Handschriften
Enthalten sind auch Briefe an und von Felix Krais u.a.
€ 17,90

Bd. II: Briefe 1907-1912
544 Seiten, Leinen w.o.
€ 17,90

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