Für Freunde der gepflegten Zeitverschwendung

Johann König ...eskaliert

von Frank Becker

Foto: www.johannkoenig.com
Humor der Königs-Klasse
 

Johann König, der „Mann mit der Stimme“ tourt weiter mit seinem kräftig überarbeiteten Programm „Johann König ... eskaliert“, und füllt große Säle. Verlegenes Lächeln auf dem pfiffigen Jungengesicht, unwiderstehlicher Augenaufschlag und die hohe Kunst, auch mal mit vielen Worten nichts, das aber urkomisch zu sagen, zeichnen den hibbeligen Exil-Soester aus.


Ohne Proben nach oben

Er hat sich von „Könich“ zu „König“, vom Johannes zum Johann gemendelt und sich „ohne Proben (ganz) nach oben“ durchgestammelt. Die „depressive Stimmungskanone“, der Mann mit dem grünen roten Hemd als Markenzeichen, hat selbstgeschmiedete Gedichte, ein Keyboard, einen Teller Suppe und ordentlich Chuzpe im Gepäck. Zweimal 60 Minuten hält der König sein Volk bei bester Laune. Er hat das bewährte Konzept beibehalten: mit einer Mischung aus Alltagsbetrachtungen, die erst durch seinen Blick ihre Komik und Absurdität offenbaren, mit dem Holzhammer gereimten, genial stümperhaften Gedichten und höchst unmusikalischen Liedern massiert er nachhaltig das Zwerchfell. Fragen nach seiner Lyrik drängen. „Was hat der Autor für eine Intention – oder was hat er genommen, und wo bekommt man das?“. Er erklärt, was Mike Tyson, Vincent van Gogh und Niki Lauda verbindet (na? was?) und konstatiert, dass man mit den derzeit 3 Millionen Arbeitslosen Berlin einkesseln könnte. Johann König ist der Beherrscher der hintergründigen Albernheit, ein Meister des Verschmitzten, ein Notker Balbulus unserer Zeit, der sinnierend seine Suppe löffelt und noch von den eigenen Pointen überrascht wird. „Kennt ihr das, wenn man von eigenen Gelaber müde wird?“. Er schlägt in einer Verzweiflungsgeste die Hand vors Gesicht, aber auch, um das eigene Grinsen zu verstecken, das er als Humorwaffe ebenso perfekt einsetzt wie sein linkisches Gebaren. Er kann mit dem völlig belang- und sinnlosen Akt des sich zu einem unbequemen Nickerchen auf dem Tisch Hinlegens zehn Minuten oder mit den Erklettern des Keyboard-Hockers fünf  Minuten Programm füllen – und niemand fühlt sich auf den Arm genommen. Was es im Grund aber in höchster Potenz ist.

Ordentlich was an der Waffel

„Wie kommt man auf so was?“ beantwortet er selbst: „Da muss man schon ordentlich was an der Waffel haben.“ Hat er. König eskaliert, beim Gedanken an nächtliche Gewinnspiele, Nachmittags-Talkshows „...da sitzt ein Haufen Asis rum, die sich um den Verstand quatschen, den sie sich vorher bei Easy Credit geliehen haben“. Bei Renovier- und Erziehungssendungen im Fernsehen konstatiert er:„sollte alle man sprengen und für 20 Jahre da `ne Wiese hinmachen. – und arte überträgt die, 20 Jahre lang.“
Er schüttelt den Kopf über die neue Mitnahme-Mentalität der Deutschen, die alles und jedes „To go“ anbietet: „In Köln können sie auch die Fresse voll „To go“ bekommen. Fahren sie nach Chorweiler, stellen sich nachts auf einen Platz und rufen `asoziales Pack!´. Dann kriegen sie die Fresse voll `To go´.“ Dann wieder ist er der smarte Womanizer, der den Unterschied zwischen Comedy und Kabarett erklärt: „Ja, Mädchen, pass mal auf - zieh dir doch erst mal was an... – ... Was, das verstehste nicht? Klar. Dann zieh dich einfach noch mal aus“.

Ein Erbe John Franklins

Er hat, ein Erbe John Franklins, die Langsamkeit wiederentdeckt, die sich auch in seinem 24-Stunden-Tagebuch Lachtränen treibend offenbart - und eines Tages wird er es auch schaffen, allein mit der Kraft seiner Gedanken eine Walnuss zu knacken. Das unhöfliche ständige Rein und Raus eine offenbar für den Ausdruck individueller Freiheit gehaltene Unart etlicher (auffällig: überwiegend übergewichtiger) Zuschauer im Saal beantwortet er mit gezielter Ansprache. Die tun´s sicher nicht wieder.
 
Ausgewählte Gedichte, Texte und Fotos in „Gestammelte Werke“, 2006 Lappan Verlag - weitere Informationen unter: www.lappan.de. Alles übrige unter www.johannkoenig.com.