Von Walther bis Gomringer

Die Lyrikerin Nora Gomringer liest

von Frank Becker

Foto © Frank Becker
Lyrik – Herz der deutschen Literatur
 
Nora Gomringer liest
und rezitiert Gedichte
von Walther von der Vogelweide
bis Nora Gomringer
 

Als Lyrikerin ist sie selber eine beachtliche eigene Hausnummer und gehört längst zu den anerkanntesten Künstlern deutscher Sprache. Ihre Schweizer Landsleute Franz Hohler und Peter Bichsel und ihre deutschen Landsleute Ernst Jandl und Friedrich Achleitner (ja, Nora Gomringer hat zwei Pässe) stecken in etwa ein Terrain ab, auf dem sie sich mit ihrer ungeheuren Kreativität tummelt. Erfolgreich ist sie ganz nebenbei auch im englischsprachigen Ausland. Ihre beiden Bücher „Sag doch mal was zur Nacht“ und „Klimaforschung“ zeugen davon, sind Sprach-Bonbons, zumal durch die beigelegten CDs ihrer eigenen Lesungen. Durch ein Literaturprogramm, mit dem sie erfolgreich im deutschsprachigen Raum auftritt, vermittelt Nora Gomringer ihr Genre im literaturhistorischen Kontext, will sagen von Walther von der Vogelweide bis Ernst Jandl, oder wie im Untertitel erwähnt, (bescheiden) bis zu ihren eigenen Texten. Daß sie dabei auch ihren Vater Eugen Gomringer nicht unerwähnt läßt, sei am Rande erwähnt. Am vergangenen Donnerstag gastierte sie in Neviges.

Nora Gomringer liest. Nora Gomringer rezitiert. Nora Gomringer liest und rezitiert, obwohl sie erkältet

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ist. Nora Gomringer liest trotz Schnupfen unterhaltsam. Nora Gomringer ist unterhaltsam. Nora Gomringer durchmißt den Kosmos deutscher Lyrik. Nora Gomringer träumt. Nora Gomringer plappert. Nora Gomringer liest Walther und Opitz, Schiller und Goethe, Droste-Hülshoff, Heine und Eichendorff, Hollaender, Schwitters, van Hoddis, Klabund und Kreisler, Tucholsky und Benn, Rilke und Kästner, Lasker-Schüler, Kalèko und  Enzensberger, Ringelnatz, Brecht und Kirsch, Rückert, Grönemeyer und Mayröcker, Jandl, Heißenbüttel und Achleitner. Nora Gomringer liest Eugen Gomringer. Nora Gomringer singt, schreit, lacht, wispert, trumpft auf, empört sich, staunt. Nora Gomringer liest Nora Gomringer.

Das mach Spaß. Dem Zuhörer und offensichtlich auch der Künstlerin. Wir hörten Martin Opitz´ Ansprache an die Bienen, einen bayrischen Schnadahüpfl, Schillers ergreifende „Bürgschaft“,

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Annettes gruselige Ballade „Der Knabe im Moor“, Heinrich Heines gepflegte Ironie, Evergreens wie Eichendorffs „Mondnacht“, Berührendes wie Rilkes „Panther“, Friedrich Hollaenders „Wenn ich mal tot bin“ und Tucholskys „Mutters Hände“. Wir hören das Fanal von Jakob van Hoddis´ „Weltende“, amüsieren uns bei Schwitters´ „Kleines Gedicht für große Stotterer", einer saftigen Performance mit Georg Kreislers „Wenn die Mädchen nackt sind“ und Helmut Heißenbüttels „Zwieback“. Und ganz am Ende gönnt uns Nora Gomringer zwei ihrer eigenen Texte: „Sag doch mal was zur Nacht“ und „Fortsetzung“. Ein kurzweiliger Abend, eine rare Delikatesse.

Mehr? Informationen über ihre Bücher und Termine bekommt man unter www.voland-quist.de und www.noragomringer.de.