Aus Tradition defizitär

Schlechte Jahresbilanz der Bahn

von Lothar Leuschen​

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Aus Tradition defizitär
 
Schlechte Jahresbilanz der Bahn
 
Von Lothar Leuschen
 
Es hätte schlimmer kommen können – und es kam schlimmer. Die Chefetage der Deutschen Bahn hatte für das vergangene Jahr ein Minus von 1,3 Milliarden Euro geplant, am Ende sind es 2,4 Milliarden Euro geworden. Das ist der Gipfel der bisherigen wirtschaftlichen Minderleistung. Und die hat viele Ursachen. Eine wichtige liegt in der Vergangenheit. Anscheinend ist Privatisierung doch kein Allheilmittel, vor allem dann nicht, wenn allein eine möglichst hohe Umlaufrendite als Ziel der Jahresarbeit angepeilt wird. Das kann dann zulasten der Investitionen geschehen, die Bahn ist dafür ein Beispiel.
 
Der Rückbau des Streckennetzes erweist sich heute als kapitaler Fehler. Gerade in Zeiten, in denen Personen- und Güterverkehr das Maß der Dinge sein müßten, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen, macht der staatliche Mobilitätsdienstleister mit Pleiten, Pech und Pannen von sich reden. Es ist geradezu skandalös, daß sich immer mehr Lastwagen auf den Autobahnen aneinanderreihen, weil die Bahn im Gütertransport nicht konkurrenzfähig ist. Und irgendwo in der Rote-Zahlen-Kolonne wird sich auch der Posten für Rückerstattungen verstecken, welche die Bahn leisten mußte, weil sie Passagiere an den Bahnsteigen überall in Deutschland hat stehen lassen. Das gilt vor allem für den Fernverkehr, der eigentlich das Zeug hat, Inlandsflüge zu ersetzen – aber anscheinend nicht unter der Regie dieser Deutschen Bahn.
 
Auch wenn die politischen Sünden der Vergangenheit nicht dem aktuellen Vorstand angelastet werden dürfen, ist es an der Zeit, sich über das Spitzenpersonal Gedanken zu machen. Die Bahn braucht Manager, die das Unternehmen auf Zukunft trimmen. Dazu gehört beispielsweise auch, sich auf Dauer nicht weiter von Kleinstgewerkschaften abhängig zu machen, die für ihre Mitglieder exorbitante Lohnsteigerungen erstreiken, weil sie den Konzern erpressen können. Die Schiene ist prädestiniert für autonomes Fahren. Auch in Deutschland zeigen kommunale Verkehrsgesellschaften auf S-Bahn-Strecken, daß diese Technik längst funktioniert.
 
 
Der Kommentar erschien am 22. März in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.