Selbstwahrnehmung
China und Rußland spähen Deutschland aus
Von Lothar Leuschen
Bei näherer Betrachtung ist es kein großes Wunder, daß China und Rußland mutmaßlich die Alternative für Deutschland und deren Mandatsträger nutzen, um an für sie wichtige Informationen zu kommen. Die AfD ist immer noch eine junge Partei, hervorgegangen aus dem Protest gegen den Euro und nun unterwegs im Namen eines rassereinen Volkes. Allein das läßt den Rückschluß zu, daß sich nicht die allergrößten Talente der Nationalistentruppe angeschlossen haben. Diese Partei ist Deutschlands politische Resterampe. Das ist auch an Petr Bystron und Maximilian Krah unübersehbar. Sei’s drum. Wenigstens sind diese Mandatsträger in ihrer Einfältigkeit plump genug, mit ihrem unheilvollen Wirken auch noch aufzufallen.
Grundsätzlich ist es aber auch eine falsche Stoßrichtung, in Sachen Spionage zuallererst auf die AfD und deren peinliche Rolle darin zu schauen. Viel bedeutender ist der Umstand, daß Deutschland offenbar intensiver denn je ausgespäht wird. Es ist bemerkenswert, daß China und Rußland für ihre Wißbegierde alle Register ziehen. Das zeigt, welchen Blick die dortigen Autokraten auf die größte Demokratie in Europa haben. Es grenzt fast an Respekt, daß Moskau und Peking die Akteure in Berlin so ernst nehmen, daß sie alles wissen wollen.
Dieser Hinweis ist wichtig, weil er den Unterschied zwischen Außen- und Selbstwahrnehmung beschreibt. In Deutschland hat noch nicht jeder wahrgenommen, welche Rolle dieser schwerreichen Nation in dem perfiden Spiel zukommt, die Geschicke der Welt neu zu ordnen. Mit anderen Worten: Während der Bundeskanzler und namhafte Vertreter vor allem der Sozialdemokratie immer noch darüber fabulieren, daß Deutschland keine Kriegspartei werden dürfe, hat jüngst ein ranghoher Bundeswehroffizier gegenüber der FAZ festgestellt, daß Deutschland sich schon lange nicht mehr im Frieden befinde. Es ist Aufgabe von Politikern, die Realität zu erkennen und entsprechend zu agieren. Sonst spazieren weiter Spione aus Peking und Moskau unbehelligt durch Deutschland und brauchen dafür nicht einmal die willigen Idioten in der AfD.
Der Kommentar erschien am 25. April in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
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