Es ist kein Wunder
Das E-Auto ist in der Absatzkrise
Von Lothar Leuschen
Die Geschichte des Elektroautos in Deutschland ist eine einzige Tragödie. Sie zeigt zunächst das Versagen der Autoindustrie und dann das Versagen der Politik. Nun erfüllt der Absatz zum wiederholten Male nicht die Erwartungen. Vom Ziel, bis zum Jahr 2030 15 Millionen E-Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu haben, rückt in immer weitere Ferne. Doch gegenwärtig wird dafür nicht der Kaufpreis angeführt und nicht der immer noch schleppende Ausbau der Ladeinfrastruktur. Diesmal ist es der Preis für den Strom. Die Kilowattstunde ist den Verbrauchern zu teuer, um sich dazu durchzuringen, auf die Batterie statt auf den Tank zu setzen. Daß der Stromer auch unter den aktuell hohen Strompreisen immer noch günstiger im Verbrauch ist als der Verbrenner, reicht als Argument anscheinend nicht aus. Auch sinkende Anschaffungspreise nicht zuletzt durch die billige, aber qualitativ nicht in jedem Fall schlechtere Konkurrenz aus China kann die Lust auf ausstoßfreies Fortbewegen nicht steigern. Der Ruf des E-Autos ist ruiniert.
Die Schuldigen sind benannt. Die deutsche Autoindustrie hat den Trend Elektromobilität gründlich verschlafen. Zu spät und zu teuer sind sie mit ihren Stromern an den Markt gegangen. Zwar ist Deutschland in der E-Mobilität technisch Spitzenklasse. Aber Hersteller in den USA und vor allem in China haben es besser verstanden, massentaugliche Produkte herzustellen.
Noch bedenklicher als die Rolle der Industrie ist der Beitrag der amtierenden Bundesregierung im Trauerspiel um das E-Auto. Es erinnert an das Verhalten eines überfrachteten Kindes, das eines neuen Spielzeugs schnell überdrüssig wird. Unter dem zweifellos großen Druck, einen nicht verfassungskonformen Haushalt zu korrigieren, hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Kaufprämie für E-Autos buchstäblich von heute auf morgen gestrichen und damit einen Kernpunkt der Mobilitätswende geräumt. Wer so agiert, braucht sich nicht zu wundern, daß die Elektromobilität nicht den Magnetismus erzeugt, die für den Kampf gegen den Klimawandel notwendig ist.
Der Kommentar erschien am 10. Mai in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
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