Das CHEFCHEN stapelt tief

Matthias Rürup – „ERNST HAFT“

von Michael Zeller

Das CHEFCHEN stapelt tief
 
Zu Matthias Rürups neuem Lyrikband 
ERNST HAFT
 
Der Wuppertaler Lyriker Matthias Rürup liebt offenbar die Kontraste. Nach seinem großformatig opulenten Gedichtband „CHEFCHEN. Eine Höllenfahrt“, der 2022 erschienen ist (bemerkenswert illustriert übrigens), gibt sich seine aktuelle Gedichtpublikation aus diesem Jahr geradezu spartanisch bescheiden: „ERNST HAFT, Gedichte“. Sie hat, in strengem Schwarz gehalten, Format und Umfang eines Vokabelheftes.

Doch die Vokabeln, die darin gelistet sind, sollte man nicht unterschätzen: Sie haben es in sich. Und wenige sind es auch gar nicht. Neunzig Gedichte von mittlerer Länge, daraus ließe sich durchaus ein wuchtiges Buch machen. Und auch das Thema, das in den Gedichten verhandelt wird, hat etwas Lastendes, Schweres.
Es geht um die Beziehung zwischen zwei Menschen, die sich nahe sind, die aber ihre Schwierigkeiten miteinander haben, wobei durchaus die Möglichkeit des Scheiterns aufscheint – einer Trennung also. Sie haben zu kämpfen miteinander, manchmal erschreckend hart für einen Lesenden.


Als ein Beispiel stehe dafür das Gedicht ABER:
 







Aber sie ist nicht so,
Sagst du, die Welt.
 
Als wäre das ein Argument,
Mein Bemühen einzustellen.
 
Doch ich mag nicht streiten ,
Nicht mir dir,
Sag bloß: Genau.
 
Und so sitzen wir
Beide in Gedanken,
 
Unfroh darüber,
Wie es ist.
 
Aber diese Auseinandersetzung zwischen zwei Partnern, die auf ihren unterschiedlichen Standpunkten beharren, hat auch etwas Grundehrliches. Da wird nichts geglättet oder schön geredet. Es ist dem Autor, wie der Titel es schon andeutet, „ernst“ damit. In diese Richtung weist auch der Zyklus „Schuldig“, der immerhin aus dreizehn Gedichten besteht, aber auch andere Überschriften sind auf Moll getönt, zum Beispiel „Am Ende“, „Zum Erliegen kommen“, „Schmerz-Studie“.
Der Titel ERNST HAFT ist dieser Gedichtsammlung also wirklich angemessen.
Doch das heißt nun keineswegs, daß die Lektüre dieser Gedichte einer Leserschaft kein Vergnügen bereitete. Auch schwere Kost kann munden, wenn sie gekonnt angerichtet ist, und das läßt sich von Matthias Rürups neuen Gedichten nun wirklich ohne weiteres sagen.
Ich jedenfalls habe sie mit großem Respekt gelesen, und es freute mich, wenn in dieser Stadt solch ein Buch ein wenig spürbarer wahrgenommen würde - wie Literatur überhaupt …
Seit mehreren Jahren lebt, arbeitet und dichtet der aus Halle stammende Lyriker Rürup in Wuppertal. Als promovierter Pädagoge lehrt und betreibt er oben an der Bergischen Universität empirische Schulforschung. Außerdem leitet er seit Herbst 2021 das hiesige Literaturhaus.
 
Matthias Rürup – „ERNST HAFT“
Gedichte, Sonderdruck zum Lyrischen Garten
© 2024, Edition SchuRu / Book on Demand , 116 Seiten, ISBN: 9783758339899
10,- € (E-Book 4,99)