Blau am Bildschirm

von Ernst Peter Fischer

Ernst Peter Fischer
Blau am Bildschirm
 
Die Erfindung blauer und purpurner Farbpigmente stellt einen Teil der Chemiegeschichte dar, an deren kunsthistorischem Ende der Franzose Yves Klein in den späten 1950er Jahren be- schließt, nur noch Blau zu malen. Die Farbe erschien ihm «maßlos» und erinnerte ihn an das mächtige Meer und den hohen Himmel. In den 1960er Jahren dann gelingt es Physikern, licht- empfindliche elektronische Bauelemente zu konstruieren, die als «CCD-Sensoren» bezeichnet werden, was «charged coupled device» abkürzt. Mit ihrer Hilfe, für die drei Physiker 2009 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden und dem raffinierten Verstehen von Halbleitern kommen die Farben auf den Displays der Computer und Smartphones zustande. Dahinter versteckt sich eine elegante Anwendung der Idee von Einstein, Licht durch Photonen zu beschreiben. Er wollte damit den sogenannten Fotoeffekt erklären, womit ein Einfluß der Energie von Strahlen auf die Energie von Elektronen gemeint ist. Bei Einstein ging es um die Leitfähigkeit eines Metalls. Aber das Licht wirkt auch auf Halbleiter, vor allem, wenn diese Materialien geeignet präpariert und gekoppelt sind. Die moderne Wissenschaft kann Halbleiter - englisch «semiconductor» - clotieren, wie man sagt. Das heißt, sie kann Halbleitern entweder zusätzliche Elektronen besorgen oder ihnen einige nehmen. Da Elektronen negativ geladen sind und ihr Fehlen sich damit positiv bemerkbar macht, sprechen die Fachleute von p- und n-dotierten Halbleitern; sie können p-n-Übergänge anfertigen. Damit lassen sich seit den 1960er Jahren die oben genannten Sensoren bauen, die anfänglich rotes, grünes und blaues Licht einfangen und speichern konnten, die aber inzwischen als Quartett funktionieren und noch Platz für die Farbe Emerald bieten, eine Art Smaragdgrün.
     Das viele Schauen der Menschen auf ihre Bildschirme scheint irgendwann ihren Augen und allgemein ihrer Gesundheit zu schaden. Blau gilt dabei als die schuldige Farbe. Sie scheint vor allem die Produktion des für den Schlaf notwendigen Hormons Melatonin zu senken. Der Vorschlag lautet, das Smartphone mit einem Nachtmodus zu versehen, bei dem erst gar keine Blauanteile emittiert werden. Dabei ist es eigentlich die Lieblingsfarbe der meisten Menschen. Psychologen setzen Blautöne gerne bei Depressionen ein, um die Stimmung ihrer Patienten aufzuhellen.
 
© Ernst Peter Fischer
 
aus: „Warum funkeln die Sterne?“
Die Wunder der Welt wissenschaftlich erklärt
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Veröffentlichung in den Musenblättern mit freundlicher Erlaubnis des Autors.