Es war einmal auf deutschen Straßen...

Hupe und Vollgas - Wie die Deutschen Autofahren lernten

von Frank Becker

Wie die Deutschen 
das Autofahren lernten
 
Die unbändige Kraft eines Motors kann etwas Herrliches sein. Ich sage kann - die selbe Kraft kann aber auch eine Furie sein, die Leben auslöscht und Schicksale besiegelt.“ 

      Soweit der Fahrlehrer der 1950er Jahre, der eingangs der neuen kulturhistorischen DVD von Wolfgang Dresler zu Wort kommt. Damals hatten die Autos zwar nicht annähernd so starke Motoren wie heute, doch dafür weder Sicherheitsgurte noch Airbags, abknickende Lenksäulen, sichere Fahrgastzellen oder ABS. Die ebenfalls an den Anfang der unterhaltsamen Lehrstunde (es ist ziemlich genau eine Stunde) gestellten Filmausschnitte von frühen Aufprall-Tests lehren den Besitzer eines Pkw unserer Tage das Gruseln. Zum Gruseln sind aber auch die statistischen Zahlen, die zwischendurch erwähnt werden und Weiß auf Schwarz am Ende der Vorstellung stehen:
„Mitten im Frieden! Allein im Jahr 1957 im Bundesgebiet - 633.522 Verkehrsunfälle! Dabei wurden 353.396 Menschen verletzt und 12.420 Menschen getötet!“
Die Bilanz der Jahre 1950-2005 ist erschütternd: 735.072 Menschen starben in diesen 55 Jahren an den Folgen von Verkehrsunfällen. Wenn auch die Zahl der Toten nach einem Höchststand im Jahr 1970 mit 21.332 Opfern auf heute 5.361 pro Jahr gesunken ist, muß man Wolfgang Dresler Recht geben: es sind noch immer 5.361 zuviel.

      Der neue Tacker Film „Hupe und Vollgas“ befaßt sich eindringlich und unterhaltsam mit der Verkehrsentwicklung in Deutschland seit 1945. Filme mit Original-Tonspuren aus Verkehrserziehungsfilmen vor allem der 50er bis 70er Jahre zeigen Autofahrer-, Fußgänger- und Radfahrersünden. Sie zeigen aber auch, unfreiwillig komisch und vermutlich aus Schulungsfilmen der Polizei, wie falsches und richtiges Einschreiten bei Verkehrsverstößen aussehen kann. Filmaufnahmen aus deutschen Städten - wir erkennen Wuppertal, Solingen, München, Essen, Remscheid, Stuttgart, Leverkusen, Berlin u.a. und sogar eine Szene von der Interzonenautobahn durch die DDR - lassen nicht nur die in den Jahrzehnten bis heute eingetretene Veränderung von Stadtbild, Verkehrsführung und Verkehrsdichte erkennen, sie sind auch Begegnung mit einer Zeit, in der die Autos noch „Gesichter“ hatten. Sagen Ihnen die Namen Goliath, Glas, Hanomag und DKW oder die Typenbezeichnungen Janus, Olympia, Dauphine, R4, Taunus, 502, 190 SL, P 3 und P4 noch etwas? Ihnen allen begegnen wir bei dieser Zeitreise.

      Am Schluß gibt es noch einen Anhang mit vier Extras, die uns Autos der Zukunft vorführen, die keine solche hatten, das beliebte HB-Männchen in die Luft gehen lassen, noch einmal Straßen der 50er Jahre zeigen und einen Werbefilm, der den Kraftstoff BV Aral als ergiebig, kalorienreich (!), bis zu letzten Hauch vergasbar und bleifrei anpreist. Erinnern Sie sich noch, was damals ein Liter (Normal)Benzin kostete? 48 Pfennige waren das 1965.
Wolfgang Dreslers Film ist auch 50 Jahre nach den Originalen noch lehrreich - und sehr kurzweilig.
 
Hupe und Vollgas
Wie die Deutschen Autofahren lernten
Ein Film von Wolfgang Dresler
© 2008 Tacker Film - DVD - ca. 57 Minuten

Weitere Informationen unter
www.tackerfilm.de