Wer wird denn gleich in die Luft gehen?

Das HB Männchen und seine Mißgeschicke

von Frank Becker

© 2010 Tacker Film
Wer wird denn gleich
in die Luft gehen?
 
Halt, mein Freund, wer wird denn gleich in die Luft gehen?“ Diese in freundlichem, beruhigendem Tonfall gestellte Frage und die Antwort als Lösung für alle Probleme „Greife lieber zur HB, dann geht alles wie von selbst“ (später: „...gut gelaunt geht alles wie von selbst“) gehört wohl zu den bis heute bekanntesten Werbesprüchen aus fast 30 Jahren - 27 Jahre sind es, um genau zu sein - Werbefernsehen und Kinowerbung für eine der beliebtesten deutschen Zigarettenmarken der 1950er bis 80er Jahre.

Bruno und Murphy

Der von Roland Töpfer (1929-1999) erdachten Werbefigur, die den Namen „Bruno“ bekam und die stets das fröhliche „Freut euch des Lebens“ auf den pfeifenden oder singenden Lippen hatte, passierten von 1958-1984 eigentlich nur die alltägliche kleinen Mißgeschicke, Dinge, die den Zusehern, Ihnen und mir im täglichen Leben ebenso widerfuhren - aber Töpfer brachte es in den beliebten Zeichenstrick-Spots mit viel Witz und Verve nach Murphys Gesetz auf die Spitze. Was schief gehen konnte, ging denn auch schief, doch so komisch und liebenswert, daß gar keine Häme aufkommen wollte und konnte.
 
"...und dan nehm ich meine kleine Cigarette..."

Des Problems Lösung war für den kleinen Pechvogel Bruno nach aller berechtigten Empörung über die Tücke des Objekts der Genuß einer Zigarette der Marke HB, die in den 50er und 60er Jahren einen der höchsten Anteile auf dem deutschen Tabakmarkt hielt. Meine erste Zigarette war (nicht der Werbung wegen) dann auch eine HB, die ich meinem Vater aus der Packung stibitzt hatte. Rauchen war seinerzeit noch ein gesellschaftlich anerkanntes Vergnügen, eine Sucht, die als solche und in ihrer Gefährlichkeit nicht erkannt wurde. Rauchen gehörte zum guten Ton. Ich erinnere mich daran, daß mir am Tag meiner Konfirmation, sozusagen als weltliches Zeichen meines Eintritts in die Erwachsenenwelt, von meinem Vater offiziell erlaubt wurde, eine Zigarette zu rauchen. Das war allerdings eine Peter Stuyvesant, damals meine Lieblingsmarke, denn längst hatten wir Rotzlöffel schon unsere heimlichen Rauch-Erfahrungen gemacht.
 
Fernseh-Werbung als Familienprogramm

Aber zurück zum HB-Männchen. Die ganze Familie saß seinerzeit zur Werbestunde des damals einzigen Fernsehsenders (auch das gehörte zum Unterhaltungsprogramm) vor den

Fernsehwerbung 1964 - Foto © Frank Becker
Abendsendungen vor dem Fernsehgerät, wenn die
herrlichen Malheurs des HB-Männchens über den Bildschirm flimmerten, und neben der Uhr, welche die Zeit bis zur Tagesschau mit „Mister 20 Uhr“ Karl-Heinz Köpcke anzeigte, saß oft ein entspannt rauchender Bruno mit der qualmenden Zigarette im Fernsehsessel. Erst wurden die Filmchen ab 1958 zunächst in schwarz/weiß, später auch in Farbe  gezeigt. Nachdem 1972 im Werbefernsehen Zigarettenreklame verboten worden war, liefen die Streifen - dort aber in längeren Fassungen - nur noch in den Kino-Werbeblocks. Längst verboten war wegen Unlauterkeit die Werbebotschaft: „...dann geht alles wie von selbst“. Mehr als 500 Streifen hat Roland Töpfer, dem u.a. auch der Esso-Tiger, der Hustinetten-Bär, Meister Proper, die Aktivitäten von Loriots „Wum“ und das lustige Bosch-Männchen zu verdanken sind, für die Zigaretten-Werbung von HB bei Kruse-Film animiert. Viele davon sind im Laufe der Zeit verloren gegangen.
 
222 Mißgeschicke vor dem Verschwinden bewahrt

Wolfgang Dresler konnte für die „Edition Werbe-Klassiker“ der darauf spezialisierten „Tacker Film“ immerhin 222 der Zeichentrick-Kurzfilme zusammentragen und mit einigen Extras, wie einem historischen Interview mit Roland Töpfer und Rückblicken auf die Geschichte der Figur ergänzt. Wir können noch einmal Brunos Kampf gegen die Widrigkeiten des Alltags miterleben und -erleiden. Rasenmäher, Telefon und Fernsehgeräte, Haustür und Ampel, Reisegepäck und Jalousien, Stuhlbeine und Bohrmaschinen, Schränke in allen Variationen, Angelruten, Zelte und Teppichrollen,

1971 - Archiv Musenblätter
Küchenmaschinen, Werkzeug, Einkaufswagen und Sonnenschirme - um nur einige zu nennen – haben sich gegen den lebensfrohen Burschen verschworen. Doch nach jeder emotionalen Explosion kehrt die Ruhe mit einer Zigarette und der Lösung des Problems zurück. Das jedenfalls waren die Werbekonsumenten sehr wohl zu glauben bereit, denn diese Werbekampagne war schlicht gesagt genial. Der Erfolg war wohl einzig und allein Roland Töpfer und seinem Bruno zu verdanken. Selten ist eine Werbe-Figur so zur Inkarnation der Marke geworden wie dieser sympathische Chaot mit der Fliege und vier (!) Fingern an jeder Hand. Immerhin 96 Prozent der Bundesbürger kannten das HB-Männchen Ende der 60er Jahre. Da kommen rückblickend allenfalls noch die Klementine von Ariel, der „Salamander“-Lurchi, der Sarotti-Mohr, Herr Kaiser von der Frankfurt-Mannheimer, Frau Sommer von Jacobs, der Persil-Mann, der Tchibo-Experte und der Bärenmarke-Teddy mit.
 
Aus juristischen Gründen gekürzt

Wer nun allerdings auf die vollständigen Clips mit der Original-Werbung hofft, in denen die freundliche Sprecher-Stimme wie anno 1961 etc. auf die Vorzüge der HB hinweist, wird sich enttäuscht sehen. Wolfgang Dresler, dem durchaus bewußt ist, daß er damit nicht die Werbewirklichkeit der 50er bis 80er Jahre wiedergeben kann, mußte aus juristischen Gründen auf das „Greife lieber zur HB“

Foto © Frank Becker
verzichten, und er durfte auch nicht das Firmenlogo zeigen. 
In unserer Dokumentation jedoch sehen Sie, liebe Leser die vollständig illustrierte HB-Geschichte mit Bruno. Wiewohl längst vernunftgesteuerter Nichtraucher, erlaube ich mir, wenn´s auch nicht stimmt, noch einen weiteren Teil des Werbetextes: „Frohen Herzens genießen, HB ist mild und schmeckt!“. So, nu isses komplett!


Das HB Männchen und seine Abenteuer
Die witzigste Werbefigur aller Zeiten!

© 2010 Tacker Film - Edition Werbeklassiker, DVD, Farbe und s/w
Neuauflage von 2013
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