Aufzeichnungen eines Philanthropen
Satiren über das Absurde in unserem Leben
Ob Olaf Scholz beim Katholischen Kirchentag zusammenhanglos über den Ausstieg aus der Kohleverstromung spricht, über geschlechtergerechte Pizza philosophiert und korrekte Nahrund diskutiert wird, selbstbestimmtes Altern das Thema ist oder die schleichende Krankheit Silent Quitting – Harald Martenstein legt den Finger an den Puls der Zeit und läßt uns an seinen geistreichen Kommentaren dazu teilnehmen. Was in seinen Kolumnen im ZEIT Magazin, in der Welt am Sonntag und im Rundfunk verstreut erschienen ist, fügt er gelegentlich in Buchform zusammen. Soeben ist im C. Bertelsmann Verlag der jüngste Sammelband unter dem Titel „Es wird Nacht, Señorita“ erschienen und verspricht Gedanken über die Beglückungen der Gegenwart.
Der informierte Leser wird wissen, daß mit einem solchen Buch ein großes Lesevergnügen auf ihn wartet, wer Harald Martenstein noch nicht kannte, wird durch dieses Buch zu einem seiner Jünger. Der Witz, der Scharfsinn, der feine Humor, die gelegentliche tiefe Melancholie und der sanfte Biß seiner satirischen Ausführungen, Glossen, Sottisen, Kommentare nimmt mit in eine intellektuelle Zwischenwelt, in der sich selbsternannte Kulturbotschafter, Gendergerechte, Sprachpolizisten und (in der eigenen Wahrnehmung) politisch korrekte Gutmenschen herumtreiben. Es ist die im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung verschwindend kleine Zahl von Besserwissern, die ihren Unfug allerdings so laut und schrill herausschreien, daß neben Politik und Hochschulen sogar bestimmte Presseorgane in die Knie gehen daß in ihren Verlautbarungen plötzlich überall Sternchen, Unter- und Schrägstriche auftauchen und Verlage bereits ihre Kinderbücher PC-gereinigt haben. Eine Vorstufe von Fahrenheit 451. In deren Welt wird bereits vor Literaturen gewarnt, Gründe finden sich vielfältig, wenn man verschrobenen Geistes ist. LGBTQIA+ wird zum wichtigsten Thema, gegen das der Überfall der Russen auf die Ukraine und der grausame Völkermord der Hamas an den Israelis ein lauer Wind zu sein scheinen. Und wenn gar nichts mehr hilft, ziehen jene gerne auch die Nazi-Keule aus dem abgenutzten Futteral. Das ist nämlich am einfachsten. Da braucht es einfach Menschen wie Harald Martenstein.
Man muß nicht immer seiner Meinung sein, wenn es z.B. um den unsäglichen Thomas Gottschalk oder Nena geht, aber Harald Martenstein hat kluge Worte für alles. Man muß ihm einfach beim Lesen zuhören - das ist die hohe Kunst seines Stils - denn er findet präzise, sprachlich elegant und doch so verständnisvoll und nah am Menschen genau die klarsichtigen Formulierungen, die einem zum jeweiligen Thema gefehlt haben, obwohl man ebenso gedacht hat. Dazu erzählt er vergnüglich aus der Alltagswelt, gerne auch mal mit Seitenhieben gegen sich selbst, über seine Spleens und Erziehungserfahrungen, über den Umgang mit Propaganda, Restaurant-Erlebnisse, die Letzte Generation, Sex im Büro und in der Zukunft oder William Turner und die Dampfmaschine. Man spürt durchweg den Menschenfreund Harald Martenstein. Ich danke ihm für sein Buch, seine Ehrlichkeit und den Genuß beim Lesen.
Eine Empfehlung der Musenblätter.
Harald Martenstein – „Es wird Nacht, Señorita“
Gedanken über die Beglückungen der Gegenwart
© 2024 Bertelsmann Verlag, 224 Seiten, gebunden - ISBN-13: 9783570105597
22,- €
Weitere Informationen: www.cbertelsmann.de
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