Zeitbombe Demografie
Steigende Eigenanteile für einen Heimplatz
Von Lothar Leuschen
Eigentlich sollten in Berlin und in den Hauptstädten der Bundesländer die Alarmglocken längst schrillen. Aber es ist seltsam ruhig auf dem politischen Parkett, wenn es um Heimpflegekosten geht. Dabei tickt auf diesem Feld eine demografische Zeitbombe, die einer der allernächsten Bundesregierungen mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Ohren fliegt, wenn niemand den Zünder entschärft. Die Gruppe der Betroffenen wächst stetig und schnell. Bis zu 3000 Euro Eigenanteil zahlen pflegebedürftige Heimbewohner pro Monat aktuell in Deutschland. Dabei schwanken die Zuzahlungen je nach Bundesland um wenige Hundert Euro. Unter dem Strich gilt da wie dort jedoch, daß sich diese Zuzahlungen kaum jemand leisten kann, schon gar nicht auf Dauer. So viel haben die meisten Bürger denn doch nicht auf der hohen Kante. Und die Angehörigen sind in der Regel auch nicht in der Lage, jeden Monat eine derart horrende Summe vom eigenen Budget abzuzweigen. Also tut Reform Not. Denn wenn die Pflegebedürftigen und deren nächsten Angehörige den Eigenanteil selbst nicht oder nicht vollständig aufbringen können, springt Vater Staat ein. In diesem Fall sind das die Kommunen, was erklären mag, daß Bund und Länder die Dringlichkeit des Problems noch nicht ausreichend verinnerlicht haben.
Dabei ist dringend geboten, das Versicherungssystem auf den Prüfstand zu stellen. Die aktuelle Konstruktion trägt den pflegebedürftigen Versicherten nicht kostendeckend durch den Lebensabend. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Pflege ist personalintensiv. Personal kostet Geld. Hinzu kommt, daß sich jeder Heimbewohner mit seinem Eigenanteil an den Investitionskosten des Heimträgers beteiligt. Auch dieser Anteil steigt stetig. Wenn der Staat die Kosten für alle Beteiligten in den Griff bekommen will, wird es für Angehörige finanziell deutlich attraktiver werden müssen, nahe Verwandte im Alter zu pflegen. Dazu gehört eine Pflegezeit, die Berufstätige analog zu Elternzeiten vor Nachteilen am Arbeitsplatz schützt.
Der Kommentar erschien am 7. Februar in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
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