Wen Zölle reich machen
Trumps Handelskrieg mit der EU beginnt
Von Lothar Leuschen
Wenn es überhaupt etwas gibt, das für Donald Trump spricht, dann ist es, daß der frisch ins Amt gekommene Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika berechenbar ist. Er sagt, was er tut, und er tut, was er sagt. Das war auch schon während seiner ersten vier Jahre als Chef im Weißen Haus so. Der einzige Unterschied zu damals ist, daß Trump besser vorbereitet ist, mehr Experten um sich geschart hat und deshalb vermutlich glaubt, noch unverschämter sein zu können. Auf all das hätte Freund wie Feind vorbereitet sein können, auch darauf, daß Trump mit seiner Ankündigung ernst macht, jedes Land mit Einfuhrzöllen zu traktieren, von dem er glaubt, daß es die USA übervorteilt. So ist es denn kein Wunder, daß die deutsche Stahl- und Aluminiumindustrie sich demnächst mit deutlich höheren Kosten konfrontiert sehen wird. Gerade für diese Branche kommt Trumps Furor allerdings sehr zur Unzeit. Die Schwerindustrie in Deutschland steht unter Druck. Vor allem hohe Energiepreise machen ihr zu schaffen und führen im weltweiten Wettbewerb schon länger zu erheblichen Nachteilen.
Im ersten TV-Duell mit Friedrich Merz hat Bundeskanzler Olaf Scholz sehr selbstbewußt auf die Frage reagiert, ob Deutschland auf Trumps Zollpolitik vorbereitet sei. Die Reaktionen aus Politik und Wirtschaft am Dienstag erwecken jedoch einen anderen Eindruck. Von großer Besorgnis war vielfach die Rede, nicht von substanzieller Entschlossenheit, dem Irrwisch im Oval Office geschlossen die Stirn zu bieten. Dabei käme es genau darauf jetzt an. Die weltherrschaftlichen Anwandlungen Donald Trumps sind geradezu eine Aufforderung an Deutschland und an die Europäische Union, zusammenzurücken und dem wichtigen Partner in Übersee zu zeigen, daß 27 Staaten und 450 Millionen Europäer sich von einem Rüpel nicht einschüchtern lassen. Zumal dieser Rüpel von Wirtschaft und Handel nichts zu verstehen scheint oder sein eigenes Volk vorsätzlich belügt. Durch die Zölle werde Amerika wieder reich, sagt Trump. Das ist Unsinn. Gefüllt werden allenfalls die Kassen des Staates. Bezahlen müssen das die Konsumenten in den USA. Denn zusätzliche Importkosten machen Produkte teurer.
Der Kommentar erschien am 12. Februar in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
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