Das Endspiel läuft
Deutschland braucht schnell eine Regierung
Von Lothar Leuschen
Was für ein Wahlergebnis. Der Lahme verbindet sich mit einem Blinden, um einen Orientierungslauf zu gewinnen. Das letztlich schwache Ergebnis der CDU/CSU und das dramatisch schlechte Ergebnis der SPD bringen die künftigen Koalitionäre in eine schwierige Startposition. Und schon jetzt ist klar, wenn die Verhandlungsführer ihre Parteireflexe nicht unter Kontrolle halten, dann endet der Orientierungslauf in einer Sackgasse. Dann drohen Neuwahlen und eine AfD, an der es für andere Regierungskonstellationen kein Vorbeikommen mehr gibt. Das muß Union und SPD klar sein, wenn sie sich an den Verhandlungstisch setzen. Und noch etwas ist sicher: Mit jedem Tag, den die Gespräche länger dauern, wächst die Wahrscheinlichkeit, daß es keine Vereinbarung geben wird. Bis Ostern darf die Regierungsbildung nicht dauern.
Damit Friedrich Merz schneller zum 10. Bundeskanzler gewählt werden kann, scheint es notwendig zu sein, daß die drei Parteien sich zunächst auf die wichtigsten Themen beschränken. Die heißen Wirtschaftsentwicklung, Verteidigungsfähigkeit und Infrastruktur. Hier sollten Christ- und Sozialdemokraten Einigung erzielen können. Die Preise dafür liegen auf der Hand. Die SPD verzichtet auf den Mindestlohn von 15 Euro, der es der Wirtschaft noch schwerer machte, wieder in Schwung zu kommen. Die Union läßt dafür mit sich über die Schuldenbremse reden, weil sonst vieles von dem, was bezahlt werden muß, nicht bezahlt werden kann. Das dürfte mittlerweile allen einleuchten, zumal jeden Tag offensichtlicher wird, daß allein der Wehretat so deutlich erhöht werden muß, daß kein Wirtschaftswachstum ausreicht, die Kosten zu decken.
Die Wählerinnen und Wähler haben der Politik am Sonntag mitgeteilt, daß es in Deutschland nicht weitergehen kann wie bisher. Klarheit, Wahrheit, Transparenz und Konsequenz sind die Zutaten, aus denen Regierungshandeln ab sofort bestehen muß. Das läßt keinen Platz mehr für lobbyistische Erbhöfe und sozialromantische Blumenwiesen. Das Endspiel um das freie, soziale und demokratische Deutschland hat begonnen.
Der Kommentar erschien am 25. Februar in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
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