Konsequentes Handeln
Im aktuellen Chaos liegt auch eine Chance
Von Lothar Leuschen
Die Ereignisse überschlagen sich. Nur wenige Stunden, nachdem die USA angekündigt hat, die Unterstützung der Ukraine im Verteidigungskampf gegen Russland abzubrechen, kommt ebenso aufgeschreckt wie unausgegoren aus der Union in Deutschland der Ruf nach Rückkehr zur allgemeinen Wehrpflicht. Es riecht nach Krieg und Pulverdampf auf dem alten Kontinent, auch diesseits von Cherson, Charkiw und Kiew.
Seit Wochen und zunehmend spricht alles dafür, daß die Vereinigten Staaten von Amerika für die westliche Wertegemeinschaft und für das westliche Verteidigungsbündnis verloren sind. Immer deutlicher wird, was Donald Trump im Schilde führt. Ihm geht es darum, daß am Ende nur noch er selbst, Wladimir Putin und Xi Jinping darüber befinden, was auf dem Globus zu wessen Gunsten geschieht. Der Rest der Welt hat die Rolle des Erfüllungsgehilfen. Wer nun weiß, daß Trump an nichts anderem interessiert ist, als an Geschäften, dem muß einleuchten, daß es unter diesem Präsidenten für die USA kein Zurück in den Kreis der westlichen Alliierten geben wird.
Für Deutschland und für Europa bedeutet das, daß es keine Alternative zu deutlicher Aufrüstung gibt. Es bedeutet Gleichschritt der willigen Staaten für ein freies, weltoffenes, friedliches, demokratisches Europa. Der alte Kontinent muß ein Gewicht auf der Welt bekommen, das den Ausschlag darüber geben kann, wie die USA, Russland und China agieren.
Um all das anzustoßen, kommt es mehr denn je auf Deutschland an. Die Zeit drängt. Die stärkste Wirtschaftsmacht Europas braucht schnell eine Regierung mit einem Programm, das nach innen Aufrüstung ebenso möglich macht wie Wirtschaftswachstum. Eine Regierung, die nach außen die Rolle spielt, die Europa von Deutschland erwartet und benötigt. Den ersten Schritt sind Union und SPD am Dienstag gegangen. Die Einigung auf eine immense Neuverschuldung ist konsequentes Handeln in einer Zeit akuter Gefahren und nach Jahrzehnten des Investitionsstillstandes.
Der Kommentar erschien am 5. März in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
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