« Abjekte » und Skulpturen

Peter Buggenhout im Skulpturenpark Waldfrieden

von Johannes Vesper

Foto © Johannes Vesper
« Abjekte » und Skulpturen Peter Buggenhouts

im Skulpturenpark Waldfrieden Wuppertal
 
Von Johannes Vesper
 
Tony Cragg zeigte sich sehr zufrieden und stolz, daß er im Waldfriedenpark Peter Buggenhouts Skulpturen, diese « kakophonischen Ensembles von Materialien auf dem Weg zum Kompost » präsentierten konnte. Der Bildhauer aus Gent montiert Fundstücke, die auf vermüllten Straßen, Kippen, oder auf dem Schrottplatz zu finden sind, also zerbrochenes Holz, alte Matratzen, kaputte Plastikteile, bunte Planen, manchmal mit Buchstaben, verrostete Stahlgestelle, auch Eingeweide, Blut - der Stiefvater war Metzger - und vieles andere mehr. Die Geschichte und die ehemalige Funktion der verbauten Teile kennt er nicht und will sie auch gar nicht kennen. Michelangelo holte seine wertvollen Marmorblöcke aus den Steinbrüchen von Carrara, Buggenhout rettet dagegen sein Material vor dem Sperrmüll und der Müllverbrennung.
 
« Ich habe sie nicht gewählt, weil mir ihre Form oder ihr Aussehen gefallen. Allen Gegenständen, die ich finde, ist gemein, daß sie von ihrer formalen Identität her nicht wirklich auf eine Bedeutung verweisen. Ich kann zum Beispiel statt eines alten Stuhls ein Stück vom Stuhl so verwenden, daß man nicht merkt, was für ein Gegenstand es vorher war. Das ist sozusagen die Qualität von Abfall. Auch Staub besitzt diese Qualität. All meine Arbeitsmaterialien sind „abjekt“, also verworfen bzw. ekelhaft … aus ihrem ursprünglichen Zustand gebracht, haben ihre Form und Bedeutung verloren."
 
Buggenhouts Werke sind also keine Objekte der Ästhetik. Aber bei der Montage achtet er durchaus auf Linien, Volumen und Form. Die Struktur der Skulpturen verbirgt er nicht unter einer Hülle. Jede seiner Skulpturen zeige ihre eigene Individualität, steht für sich selbst, sagte er. Hinter seinen Skulpturen ist kein Sinn zu entdecken. Er habe keinen Plan vorab, sonder er suche einen Anfang, um dann spielerisch zu bauen, anzuheften, zu konstruieren. Seine Skulpturen sind oft sehr groß. Er arbeitet daran in einer ehemaligen Industriehalle. Tony Cragg sprach über eine Grundfläche von ca. 80x30 m (?). Die Skulpturen stehen auf Betonplatten. Sein turmartige « Babel II Variationen » ist 13 m hoch, 3 m breit und tief, wiegt 12 Tonnen und wurde mit sehr großen Last-Kranwagen auf einer Lichtung im Wald aufgestellt. Da wurde hoffentlich die Statik berechnet und auch eventueller Winddruck berücksichtigt. Peter Buggenhout sieht im Menschen alles andere als jemanden, dem die Welt untertan ist, glaubt aber, daß auch wir auf dem Weg zum Kompost nur Teil der Welt sind, die einem ständigen Wandel unterliegt, entsprechend dem alten liturgischen Ritus « Erde zu Erde, Staub zu Staub. » Seine Skulpturen als Mischung von Zufall, Zerstörung und fast spielerischer Montage sind unter ästhetischen Gesichtspunkten abweisend - er selbst sprach von eklig - aber auch mal durchaus anziehend. » Würde man meine Skulpturen neben eine Mülltonne stellen, …die Müllabfuhr würde sie abtransportieren » läßt sich Peter Buggenhout vernehmen.
 

Foto © Johannes Vesper

« The sculpture is ready, when she looks like nothing « sagte er, wenn nichts Bekanntes, keinerlei Funktionalität mehr zu identifizieren ist. Er will mit seinen Skulpturen nichts recyceln. Die schwarze Skulptur in der mittleren Halle ist betitelt « The Blind Leading the Blind ». Sie erinnert an das berühmte Bild des Pieter Bruegel von 1568 « Der Blindensturz ». Hier wurde das Exponat mit dunkler Farbe angestrichen und dann Staub als Sinnbild der Zeit darüber geblasen. Der Mensch stolpert blind durch die Welt, verwendet und verschwendet alles, legt, wenn nicht mehr benötigt die Materialien legt ab und Peter Buggenhout nutzt diese für seine rätselhaften Skulpturen. Er hatte als Maler’ und zwar als erfolgreicher, wie er sagte, begonnen, die Malerei aber 1990 aufgegeben. Ein Bildhauer unserer Zeit, geboren 1963 mit zeittypischem Werkstoff. Erst kürzlich hatte H.A.Schult die prunkvollen Eingangsportale der Historischen Stadthalle hier für Circular Valley mit Müll verfremdet.