Vereinigte Bühnen Krefeld - Mönchengladbach feiern 75 Jahre Theaterehe

Mieczyslaw Weinbergs Holocaust-Oper „Die Passagierin“ als Jubiläums-Premiere

von Andreas Rehnolt


Vereinigte Bühnen Krefeld - Mönchengladbach
feiern 75 Jahre Theaterehe
 
Zum Geburtstag des ersten und ältesten deutschen Gemeinschafts-Theaters hatte am Samstagabend eine eigene Version der Holocaust-Oper „Die Passagierin“ in der Regie der Israelin Dedi Baron ihre Erstaufführung
 
Die Vereinigten Bühnen Krefeld - Mönchengladbach haben am vergangenen Samstag ihre seit 75 Jahren bestehende Gemeinschaft gefeiert. Am 19. April 1950 wurde der Vertrag zur ältesten Theaterehe in Deutschland von den Räten beider Städte unterschrieben. Als sich vor siebeneinhalb Jahrzehnten die beiden Nachbarstädte auf der Bühne das Ja-Wort gaben, lag schon ein zähes Ringen hinter ihnen, so ein Theatersprecher. Beide Städte stimmten nämlich im Vorfeld des Vertrags jeweils mit nur einer Stimme Mehrheit für das Projekt zur Fusion. Viele Kritiker sagten der neuen Theater-Partnerschaft keine lange Lebensdauer voraus.
 
Doch sie irrten sich. Seit nunmehr 75 Jahren hebt sich der Vorhang des Fusionstheaters in den Bühnenhäusern beider Städte. „In diesen Jahren hat es Höhen und Tiefen gegeben“, sagte zum 60sten Jubiläum der damalige Krefelder Oberbürgermeister Gregor Kathstede. Trotzdem habe die Zusammenarbeit beider Städte und Theater in Deutschland Modellcharakter. Immerhin beweisen beide Bühnen, daß sie zusammenarbeiten können. Theaterkreise auch in anderen finanzgebeutelten Regionen Deutschlands sprechen deshalb bis heute auch gerne vom „Erfolgsmodell“ in den beiden Niederrhein-Städten.
Für beide Kommunen ist das Gemeinschaftstheater mit zwei Häusern auch ein gewichtiger Werbefaktor. Das Theater ist ein Vierspartenhaus: Schauspiel, Musiktheater, Ballett und Konzerte der Niederrheinischen Sinfoniker gehören zum Programm. Darüber hinaus bietet das Theater diverse Theater-Extras, Gastspiele und unter anderem mit den Jugendclubs in Krefeld und Mönchengladbach ein umfassendes Programm im Bereich Kinder und Jugend an. Mit seinen Produktionen zieht das Gemeinschaftstheater auch Publikum aus anderen NRW-Städten an.
 
An der künstlerischen Spitze des Gemeinschaftstheaters steht seit dem Jahr 2010 Michael Grosse als Generalintendant. Beide Städte suchen ab 2028 einen geeigneten Nachfolger für Grosse, der dann in den Ruhestand gehen will. In den nächsten Tagen soll die Stellenausschreibung für seine Nachfolge veröffentlicht werden, hieß es am Rande der bis zum 18. Mai laufenden Jubiläums-Festwochen. Auf dem Programm stehen einige Premieren, wie etwa die Holocaust-Oper „Die Passagierin“ mit der Musik von Mieczyslaw Weinberg, die am Samstag auf der Großen Bühne des Krefelder Theaters in einer eigenen Fassung ihre Erstaufführung hatte. Das Libretto stammt von Alexander Medwedew nach dem gleichnamigen autobiografischen Roman von Zofia Posmysz. Die Fassung des Gemeinschaftstheaters kam mit vom Verlag autorisierten Kürzungen auf die Bühne.
 
Die Oper „Die Passagierin“ handelt von einer Frau namens Lisa. Sie glaubt während einer Schiffsreise nach Brasilien in einer Passagierin das Mädchen Marta zu erkennen, das fünfzehn Jahre zuvor Insassin des Nazi-Konzentrationslagers Auschwitz in Polen war. Bei Lisa kommen während der weiteren Schiffsreise Bilder aus der Vergangenheit hoch und sie sieht sich gezwungen, ihrem Ehemann zu gestehen, daß sie im Zweiten Weltkrieg von 1943 bis 1944 in eben diesem KZ Aufseherin gewesen ist. Der polnische Komponist Mieczyslaw Weinberg hatte aus dem Roman von Zofia Posmysz 1968 die Oper „Die Passagierin“ gemacht. Die Version des Gemeinschaftstheaters Krefeld-Mönchengladbach steht nach ihrer Premiere noch bis zum 2. Juli auf dem Spielplan. Viele Darsteller, ein großes Orchester und dazu sieben verschiedene Sprachen mit einer deutschen Übertitelung machen das Stück zu einem Theater-Erlebnis.