Der alte Mann und sein Hund (41)
Der alte Mann überquerte auf der Husenerstraße den neugestalteten Zebrastreifen. Alle Autos hielten und ließen ihn die andere Straßenseite erreichen. Er mußte zu einer Untersuchung ins Krankenhaus und hatte seinen Hund bei einer Nachbarin gelassen. „Hunde dürfen nicht ins Krankenhaus“, hatte er seinem Hund erklärt, aber der Hund war gerne bei seiner Nachbarin, weil sie ihn dauernd streichelte. Der alte Mann war aufgeregt. Er wollte nur eine Routineuntersuchung machen lassen und fühlte sich wohl, aber irgendwas fanden die ja immer.
„Man müßte mit einem weißen Kittel ein Krankenhaus betreten“, dachte er, „und um den Hals ein Stethoskop tragen.“ Er war sich sicher, daß er dort dann anders empfangen würde. Nun saß er im Wartebereich und kam nicht dran. „Die Ärzte und das Pflegepersonal müßten mit uns in einem Zimmer wohnen“, sagte ein Mitpatient, der einen weißen Kopfverband trug. „Ich bin mir sicher, dann wäre auch das Frühstück besser.“ Der alte Mann lachte. Neben ihm saß ein Patient, der überall voller Pflaster war. Selbst an einem seiner Ohrläppchen hing ein Pflaster, als wäre das im Moment die neueste Mode. Im Wartezimmer lief ein Fernseher ohne Ton und man konnte in einer Quizsendung eine Heizdecke gewinnen. „Sie haben recht“, sagte er zu dem Mitpatienten. „Es ist auch ein schönes Gefühl wenn man mit dem Arzt der einen operieren wird, noch einen Abend vorher Schach gespielt hat.“ Eine Krankenschwester schaute durch die Tür. „Der nächste bitte“, sagte sie und suchte auf einem Papierbogen einen Namen. „Das müßte ich sein“, sagte der alte Mann. Später mußte er Fahrrad fahren und zeigen wie belastbar er war. „Wenn sie immer ihre Tabletten nehmen, dann können sie noch mit 80 Golf spielen und den Himalaja besteigen“, sagte die Krankenschwester. Der alte Mann nickte. Er wollte kein Golf spielen und als Berg reichte ihm der Monte Scherbelino.
© 2025 Erwin Grosche
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