Mathe-Genie und Kampfmaschine

Gavin O´Connor – „The Accountant 2“

von Renate Wagner


The Accountant 2
USA 2025

Regie: Gavin O’Connor
Mit: Ben Affleck, Jon Bernthal, Cynthia Addai-Robinson u.a.
 
 
Ben Affleck ist nicht nur mediengerecht der Hop On / Hop Off-Gatte von Jennifer Lopez. Er ist auch Schauspieler, Drehbuchautor, Produzent, in seiner Jugend an der Seite von Kollegen Matt Damon sogar ein recht ambitionierter und auch weiterhin erfolgreicher (zwei „Oscars“ kommen nicht von ungefähr).
Nun hat er 2016 die Figur des „Accountant“ kreiert, und da der Film das Vierfache seiner Entstehungskosten eingespielt hat, wundert man sich, daß die Fortsetzung so lange auf sich warten ließ. Da ist sie nun und mit einem weiteren Film um die Figur des „Buchhalters“ Christian Wolff soll gar eine Trilogie daraus werden.
 
Was ist das Besondere an diesem Mann? Wer als braver Durchschnittsmensch Mathematik nur so la la beherrscht und nicht denken kann wie Maschinen und KI, auf den wirken Menschen, die das tatsächlich vermögen, natürlich faszinierend. Daß solche Ausnahmetalente mit Defiziten anderer Art Hand in Hand gehen (meist ist es Autismus), ist die Kehrseite der Medaille. Darum ist Christian Wolff, als er bei einer Dating-Veranstaltung von den hübschesten Damen angeschwärmt wird, auch nicht imstande, ihnen mit dem üblichen Männer-Schmäh zu begegnen. Gut aussehend (als wäre die Zeit spurlos an ihm vorüber gegangen) sitzt Ben Affleck da, einigermaßen unbeweglich, und interessiert sich eigentlich nur für die Algorithmen, nach denen eine solche Veranstaltung verläuft… (Man sollte ihn den geplagten österreichischen Finanzbeamten zuteilen, die sich darum bemühen, die verschachtelten Benko-Firmenkonstrukte mit ihren versteckten Millionen zu entflechten…)
Aber in diesem zweiten Accountant-Film sind seine mathematischen Fähigkeiten nur in zweiter Linie gefragt. Wenn er besondere Informationen aus dem Netz benötigt – und das ist ein durchaus vergnüglicher Teil des Films, der neben Action auch auf Humor setzt -, dann hat er eine Schulklasse autistischer Nerd-Kinder bei der Hand, die ihm alles finden, was er braucht…
Und er will vor allem jene Schlepperbande finden, die Menschen aus Südamerika ausbeutet und die seinen besten Freund umgebracht haben. Wolff ist, wie die Kenner des ersten Accountant-Teils wissen und die Neulinge schnell heraus bekommen, nicht nur ein Zahlengenie, sondern auch eine Kampfmaschine. Sein brutaler Vater hat ihn und seinen Bruder gnadenlos dazu erzogen – und so gehen die beiden auch vor.
 
Sie sind zwar zuerst einander entfremdet, aber Wolff weiß, daß er den Killer-Bruder braucht. Jon Bernthal sieht Affleck fast ein bißchen ähnlich, ist bloß eckig und kantig, wo dieser sein hübsches Gesicht in Autismus-Leblosigkeit präsentiert. Und die beiden sind zwar anfangs nicht sehr freundlich miteinander, aber die Chemie stimmt, nach und nach wird ja doch eine Buddy-Geschichte daraus (und der geplante dritte Teil soll sich dann auf diese konzentrieren).
Ein sehr hübscher Aufputz mit exotischem Flair ist Cynthia Addai-Robinson, die in der Rolle einer Finanzfachfrau auf der Suche nach den Drahtziehern des Mordes auch dabei sein darf, allerdings weniger als Person interessant denn als Blickfang, wie das früher halt so war.
Regisseur Gavin O’Connor hält den Film mit über zwei Stunden länger als nötig, mixt aber (teilweise recht brutale) Action mit Humor, etwas Sentiment (das ist bei Brüder-Geschichten einmal so) mit den billigen Weisheiten, die Drehbücher halt so zu bieten haben, aber im Ganzen steht der Unterhaltungswert außer Frage, wenn man es nicht allzu anspruchsvoll will.