Only You
Molière mit Petticoat und Cocktailsessel
Inszenierung: Martin Petschan – Bühnenbild: Stefan Böhmer, Frank Fischer – Köstüme: Maja Fichtel, Maya Noëlle-Wörheide – Maske: Elke Quirmbach
Mit: Christoph Güldenring (Argan) – Beril Erogullari (seine Frau Béline / Dr. Purgon, sein Leibarzt) – Lucy Martens (seine Tochter Angélique) – Christina De Bruyckere-Monti (Hausmädchen Toinette / englischer Arzt) – Dennis Gottschalk (Purgons Neffe Thomas / Argans Bruder Béralde) – Dominik Schinner (Cléante, Angéliques Geliebter / Apotheker Fleurant)
„Der eingebildete Kranke“ (Le malade imaginaire) des barocken Dramatikers Jean-Baptiste Poquelin (1622-1673), der sich Molière
Weit weniger tragisch, dafür höchst amüsant verlief die aktuelle Aufführung des Stücks im Wuppertaler TiC-Theater in der gelungenen Inszenierung von Martin Petschan. Äußerlich durch die spar- aber wirksame Ausstattung in die 1950er Jahre versetzt, textlich jedoch in der von Alfred Wolfenstein übersetzten Urfassung belassen, fügten sich alte Sprache und Moral sowie Cocktailsessel, Rauchtisch, Philips-Kofferplattenspieler, Miele-Staubsauger und die Petticoats von Argans Tochter Angélique (als himmlisch verliebter, quicklebendiger und aufmüpfiger Teenager: Lucy Martens) wie selbstverständlich in ein nahtloses Miteinander. So auch das musikalische Gegenüber der barocken Bühnenmusik von Georg Friedrich Händel, Jean-Baptiste Lully und Marc-Antoine Charpentier mit dem unsterblichen Ohrwurm „Only You“ der Platters.
Weil Argan (ein augenzwinkernd wehleidiger Jammerlappen mit Fachkenntnis: Christoph Güldenring) seine Tochter gegen ihren Wunsch verheiraten oder ins Kloster schicken möchte, schmiedet sie mit Hilfe des pfiffigen Hausmädchens Toinette (herrlich frech gegen den Herrn und Meister: Christina De Bruyckere-Monti) einen Plan, um Papa zum Umdenken zu bringen. Sie ist doch (und vice versa) in den jungen Cléante verschossen, der von Dominik Schinner stolz bis kleinmütig verkörpert wird. Da hat der als Bräutigam vorgesehene tumbe Neffe des geldgierigen Dr. Purgon natürlich keine Chance, zumal ihm Dennis Gottschalk in einem Kabinettstückchen so köstlich unbeholfene Gestalt gibt, daß er dafür herzhafte Lacher kassierte.
Als von Argans Bruder Béralde (ebenfalls Dennis Gottschalk) gleichzeitig die Erbschleicherei von Argans zweiter Frau Béline (auch als herrischer Dr. Purgon deftig überzeugend: Beril Erogullari) aufgedeckt wird, werden Argan die Augen für die Realitäten des Lebens geöffnet. Liebe kommt zu Liebe und Argan heilt sich selbst.
Als besonderes Bonbon bleibt Lucy Martens´ Gesangs-Einlage mit einem Hauch von Hurz! ebenso in Erinnerung wie unter vielen anderen der amüsante Einfall der Reise nach Jerusalem bei der Bräutigamsrunde und Béraldes furchtlose Pillentests. Das Ensemble bot in seiner entspannt gelösten Stimmung, wie sie auch zu Molières Zeiten in seinem Wandertheater gewesen sein könnte, federleicht inszeniert die zahlreichen Pointen der turbulenten, intelligenten Komödie als einen Teller luftiger Baisers.
Weitere Informationen und Aufführungstermine: www.tic-theater.de
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