Eine zeitlose Geschichte

Ruth Rewald - "Janko, der Junge aus Mexiko"

von Jürgen Kasten

Janko, der Junge aus Mexiko
von Ruth Rewald
 
Ich habe gezögert, bevor ich zu diesem Buch griff. Daneben lagen einfach zu viele andere mit bunten, ansprechenden Buchcovern. Zu meinem und Ihrem Glück kann ich nun aber doch etwas dazu tun, damit dieses Buch unbedingt weitere Verbreitung findet. Der kleine Wuppertaler Arco Verlag versucht mit seiner der Jugend gewidmeten Reihe Reihe „Orca“ möglichst die Originalgestaltung zu erhalten. Das entspricht nicht unbedingt dem Geschmack heutiger Jugendlicher, doch geht es hier um Literatur, insbesondere der Kinder- und Jugendliteratur der Zwanziger bis Vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts, vornehmlich des deutschsprachigen Exils.
 
Die Romane von Ruth Rewald gehören zu den besten Büchern der deutschen Kinder- und Jugendliteratur des Exils. Am 5. Juni 2006 wäre ihr 100. Geburtstag gewesen“, schreibt der Verlag. Leider wurde sie nur etwa 36 Jahre alt. Sie wurde am 17. Juli 1942 von der Gestapo in Frankreich, wohin sie mit ihrer jüdischen Familie geflüchtet war, verhaftet und in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Ihr Todesdatum ist nicht bekannt Ihre kleine Tochter folgte 1944. Auch das Kind überlebte nicht.
 
Bei Ruth Rewald beschlagnahmte Dokumente gelangten nach dem Krieg in die Hände der Russen, wurden später der DDR übergeben und befinden sich inzwischen im Bundesarchiv in Berlin. Dort spürte sie Dr. Dirk Krüger, der Herausgeber dieses Buches, auf. Er fertigte auch ein umfangreiches Nachwort, das Ruth Rewalds Leben und den historischen Hintergrund beschreibt - didaktisch auf Kinder und Jugendliche zugeschnitten, denn Herausgeber und Verleger wünschen sich eine Aufarbeitung im schulischen Unterricht. Das kann man nur befürworten.
Wer ist nun Janko? Er ist ein mexikanischer Junge im Teenageralter, der 10-jährig seine Verwandten verläßt, die ihn lieblos nach dem Tode seiner Eltern aufnahmen, der sich durch halb Amerika schlägt und schließlich in New York landet. Er hat keinerlei Papiere und ist staatenlos. Janko wird von einer deutschen Sozialarbeiterin aufgegriffen und mit nach Europa genommen. Hier, in Deutschland, geht er nun in die Realschule.
 
Der Roman erzählt die Geschichte seiner Integration, die zunächst Ausgrenzung bedeutete, Mißtrauen seiner Umgebung, Gleichgültigkeit der Behörden gegenüber seinem persönlichen Schicksal und schließlich die Umkehrung. Janko wird zum beliebtesten Schüler, findet Freunde und Unterstützung bei den Lehrern, ist vielen sogar Vorbild. Doch Janko gerät in die Mühlen der Bürokratie, die bekanntlich langsam mahlen, dann aber unerbittlich. Janko soll ausgewiesen werden. Er zieht daraus seine eigenen Konsequenzen und verschwindet zunächst spurlos. Erst nach Jahren findet sich wieder seine Spur...

Es ist ein zeitloses Buch, höchst aktuell auch aus heutiger Sicht. Erstveröffentlicht wurde es jedoch schon 1934. Das bedeutet, daß der Sprachduktus bisweilen antiquiert klingt. Es bedeutet jedoch nicht, daß es dadurch altbacken wirkt. Ganz im Gegenteil. Ruth Rewald schrieb erfrischend lebendig, trotz der traurigen Geschichte ohne jedes Pathos und doch eindringlich. Jedes Kind ab ca. 10 Jahre müßte sich dafür begeistern lassen, vorausgesetzt, das Buch wird ihm von einem Erwachsenen oder in der Schule näher gebracht. Von alleine wird es ob seiner Aufmachung vermutlich nicht danach greifen.
Beispielbild


Ruth Rewald
Janko – Der Junge aus Mexiko
 
Illustriert von Paul Urban
Herausgegeben von Dirk Krüger
Arco Orca, Band 2
 
© 2007 Arco Verlag GmbH Wuppertal
Hardcover, 148 Seiten
ISBN: 978-3-938375-19-8
€ 14,-

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