Mit Parnass fing alles an...

Das Von der Heydt-Museum zeigt Gegenwartskunst aus Wuppertaler Privatsammlungen

von Frank Becker und Andreas Rehnolt
Von der Heydt-Museum zeigt
Wuppertaler Sammler der Gegenwart
 

Wupperta
l - Das Von der Heydt-Museum zeigt vom kommenden Sonntag an bis zum 24. Mai eine Ausstellung mit Exponaten aus den Beständen von Wuppertaler Sammlern der Gegenwart. Das Engagement privater Kunstförderer und -sammler habe seit den ersten Ausstellungen der Expressionisten vor 100 Jahren in der bergischen Metrople eine besondere Tradition, hieß es in einer Vorankündigung der Schau. Ausgestellt werden in der großzügig gestalteten Präsentation Stücke aus der Sammlung von Rolf Jährling, dem Gründer der längst legendären Galerie "Parnass", aus der Sammlung von Stella und Gustav Adolf Baum,einer größten Privatsammlungen mit Arbeiten von Joseph Beuys, Gerhard Richter und Klaus Rinke, aus der Sammlung Holze, die per Schenkung bereits seit 2001 in den Beitz des Museums übergegangen ist, aus der Sammlung des streitbaren Bazon Brock sowie aus den Sammlungen von Hans-Georg Lobeck und Christian Boros.
Die Ausstellung stellt diese bedeutenden Sammler vor, die sich seit den Fünfziger Jahren bis heute mit den jeweils aktuellen Tendenzen der Gegenwartskunst beschäftigt haben. "Diese

Vera Leutloff - Verlauf: Sommerwiese
Foto © Frank Becker
Persönlichkeiten verbindet das feine Gespür für künstlerische Umbrüche und die Bereitschaft, sich auf Irritationen durch die Kunst einzulassen", so Antje Birthälmer, Kuratorin der Schau.


Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Wuppertal eines der wichtigsten Zentren der Kunstszene. Entscheidende Impulse gingen damals von der Galerie Parnass aus, bei deren Aktivitäten die jüngste Ausstellung des Städtischen Wuppertaler Museums mit dem Titel "Privat – Wuppertaler Sammler der Gegenwart" ansetzt. Rolf Jährling hatte 1949 förmlich aus dem Nichts seine Galerie und eine Sammlung lyrisch-abstrakter, informeller Kunst gegründet, die das Fundament einer neuen deutschen Kunstbewegung nach dem überstandenen Krieg legte. Aus seinem "Freiraum für Experimente" sproß die einzigartige Bewegung "Fluxus" mit der Künstler wie Wolf Vostell, Joseph Beuys, Nam June Paik, Bazon Brock, Charlotte Moormann u.a.m. verbunden sind.

 
Das Sammlerehepaar Gustav Adolf und Stella Baum kaufte damals schon sehr früh ganze Werkgruppen etwa von Vostell, Gerhard Richter, Konrad Fischer-Lueg und Klaus Rinke. Ihre Kollektion mit Werkgruppen des neuen Realismus, der Konzept-Kunst und der Land Art galt als eine der wichtigsten Privatsammlungen moderner Kunst in Deutschland. Jürgen W. und Hildegard Holze schenkten dem Von der Heydt-Museum 2001 eine umfangreiche Sammlung konkreter und konstruktivistischer Kunst, aus der nun Exponate unter anderem von Josef Albers, Jo Delahaut, Richard Paul Lohse und Max Bill präsentiert werden. Bazon Brock, der sich der Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Ästhetik und Kulturvermittlung gewidmet hat, leiht aus seiner privaten Sammlung Werke der zeitgenössischen Kunst etwa von Gerhard Merz, Werner Büttner und Tilo Baumgärtel. Sein Schüler Christian Boros ("Ich sammle Kunst, die ich nicht verstehe."), ebenfalls zum Sammler geworden, stellte Arbeiten von u.a. Ulla von Brandenburg, Terence Koh, Dirk Stewen und Thomas Scheibitz zur Verfügung.


Wolf Vostell - Kennedy vor »Corham« (1964) - Foto © Frank Becker


Die Ausstellung schlägt anhand der wichtigsten Künstler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und des beginnenden 21. Jahrhunderts einen weiten Bogen, der die private, radikale Sammelleidenschaft in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt. Epochale Kunstwerke wie Gerhard Richters "Bomber" (1963), Wolf Vostells "Kennedy vor Corham" (1964), Vera Leutloffs "Verlauf: Sommerwiese" (2006), Alexander Calders Mobile/Stabile (1952), Rowena Drings "Field" (2001) oder Nicholas Monros

Nicholas Monro - Flock od Sheep (1968)
Foto © Frank Becker
"Flock of Sheep" (1968) werden gezeigt (von den eigentlich 41 Fiberglasschafen konnten immerhin 21 zusammengetrieben werden). Sehr viele der ausgestellten Stücke sind erste Arbeiten/Verkäufe der später zu Rang und Namen gekommenen Künstler. Besonders die Eheleute Baum bewiesen bei ihrten Ankäufen feines Gespür für die kommende Kunstgeschichte. Der Rundgang ist eine Köstlichkeit, die man so wohl nie wieder an anderer Stelle finden wird.

Zur Ausstellung ist ein üppiger Katalog erschienen, der schon jetzt als ein Dokument der modernen Kunst nach 1949 gelten darf:
"Privat" - Wuppertaler Sammler der Gegenwart im Von der Heydt-Museum, Eigenverlag des Von der Heydt-Museums, Hrsg. von Dr. Gerhard Finckh und Dr. Antje Birthälmer, 340 durchgehend farbig bebilderte Seiten, Leinen mit Schutzumschlag, 25,- € (ermöglicht durch die Brennscheidt-Stiftung, die Stadtsparkasse Wuppertal, die Barmenia Versicherungen, die Fa. E/D/E, den Museumsshop des KMV und die Fa. Wicke).


Rowena Dring - Field (2001) - Foto © Frank Becker


Die Eröffnungsveranstaltung findet am Sonntag, 8.3.09, ab 11.30 Uhr nicht im Museum, sondern in der Glashalle der benachbarten Stadtsparkasse statt. Ein umfangreiches Programm führt durch den Sonntag, weitere Veranstaltungen sind für die Ausstellungsdauer geplant.
Das Museum ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.
 
Weitere Informationen unter: www.von-der-heydt-museum.de