Von Fisch, Biersuppe und Kuschelemusch

Über Fastenbräuche

von Andreas Rehnolt

Foto © Gabi Schönemann / Pixelio
Von Fisch, Biersuppe und dem
Fasten vor 100 Jahren
 
Volkskundler des Landschaftsverbandes Rheinland
untersuchen Fastengewohnheiten
 
Köln - Die einen verzichten derzeit auf Alkohol, andere auf Süßigkeiten, Zigaretten, das allabendliche Fernsehgucken oder aufs Autofahren. Verzicht ist in der Zeit zwischen Karneval und Ostern "in". Volkskundler des Landschaftsverbandes Rheinland haben sich die Gewohnheiten der Rheinländer rund ums Verzichten genau angeschaut. Vor dem Zweiten Weltkrieg drückte sich der Verzicht in erster Linie durch Fasten aus, hieß es am Mittwoch in Köln. "Was bei der ländlichen und städtischen Bevölkerung während der Fastenzeit und besonders während der Karwoche auf den Tisch kam, bestimmten neben der allgemeinen Ernährungslage, die jahreszeitlich gebundene Verfügbarkeit von Lebensmitteln und die kirchliche Reglementierung", so der Landeskundler Berthold Heizmann.
 
Die Fastenvorschriften der Kirche entsprachen weitgehend der täglichen, sehr eintönigen Ernährung. So fiel der Verzicht auf "animalische Speisen" dem Großteil der rheinischen Bevölkerung nicht schwer - stand doch Fleisch nur bei den Reichen auf dem Speisezettel. Verboten waren auch Milch und Eier, die als "flüssiges Fleisch" angesehen wurden. Ab Ostersonntag durfte man wieder Eier essen, vor allen Dingen die in der Kirche geweihten und deshalb rot gefärbten.
 
Ihren Höhepunkt erreichte die Fastenzeit an Karfreitag. Dieser Tag war, meist auch für die evangelische Bevölkerung, strenger Fasttag. In vielen Häusern wurde er so strikt eingehalten, daß es außer der Karfreitagsbrezel oder den Ölkrapfen nichts zu essen gab. Kam doch etwas anderes auf den Tisch, war es vor allem Stockfisch. Eine Kölner Spezialität war das "Kuschelemusch", Klipp- oder Stockfischreste vom Vortag, die mit Kartoffeln untermischt und im Backofen gegart oder überbacken wurden. Am Niederrhein fiel das Karfreitagsessen etwas üppiger aus. Hier stand Biersuppe auf dem Speiseplan getreu dem lateinischen Motto "Liquida non fragunt ieiunium" - Flüssigkeit bricht das Fasten nicht. Dazu gabs Stockfisch mit Specksoße, Kartoffeln und meist Pflücksalat.

Redaktion: Frank Becker