François Villon
Das Große Testament
Übertragen von Ernst Stankovski Ballade
Villon an seine Geliebte
Rondeau
O Tod, ich klage dich hier an,
du hast die Liebste mir entführt!
Nicht hat mein Flehen dich gerührt,
hier lieg' ich, ein zerbroch'ner Mann.
Was tat das arme Kind dir an?
Hast du die Liebe nicht gespürt...
Tod!
Was ist der Sinn, daß man verliert
ein Leben, das grad erst begann?
Ein Herz nur schlug in Frau und Mann
hast du die Liebe nicht gespürt...
Tod?
...und schreibt sein Testament weiter fort 84 ltem, Freund lthier Marchand, / (ich schenke ihm mein Schwert ja schon)
dem besten Lautenist im Land / vermach' ich, daß er es verton,
dies Lied. Er singe es um Gotteslohn / samt DE PROFUNDIS seinen Damen,
die ihm entlaufen alle schon. / Diskret verschweig' ich ihre Namen.
85 Dem hilfsbereiten Jean Cornu / dem manch Kredit gereicht zur Ehre,
der vielen half, nur mir noch nie (wofür ich ihm gern dankbar wäre),
geb' ich, daß ihn kein Bettler störe, / er unbehelligt wohn' darin,
'nen wohlverschloß'nen Park zur Wehre. / Nur leider sind die Schlösser hin.
86 Er laß' sie alle reparieren, / und auch die Mauern, die zerfallen.
Es wird ihn sicher nicht genieren, / sein ganzes Geld dafür zu zahlen.
Dann sitz' er drin in bangen Qualen, / ob ihn nicht Diebe überraschen,
weil Haken ich auf's Tor gemalen, / damit sie wissen, wo zu naschen.
87 Mit eines Schimmelhengstes Leib / hab' einst ich Herrn Amand bedacht.
Doch weil sein unfruchtbares Weib / mich bös als Strolch heruntermacht,
sei ihm 'ne Stute zugedacht - / daß sie ihm einen Sohn gebäre.
Wenn er im Bette, in der Nacht, / nicht selbst ein lahmes Maultier wäre.
88 Dem ehrenwerten Herrn Denis, / der, außer daß er stets besoffen,
auch Stadtrat ist hier in Paris, / hab' diese Widmung ich getroffen:
Zehn Weinfässer, das Spundloch offen, / stell' man hin vor sein Angesicht.
Mit Wasser voll und and'ren Stoffen, / die ihn ernüchtern, wenn er's riecht.
89 Guillaume Charruau, ihm sei verehrt, / weil er mein Anwalt war so machtvoll,
mein dünnes, altes, müdes Schwert / ('ne Scheide suche er sich selbst - so acht Zoll),
dazu noch ein Real, ganz prachtvoll. / Doch rate ich ihm ganz verstohlen,
daß er sich diesen von der Pacht soll / des reichen Templerordens holen.
90 Dem braven Staatsanwalt Fournier / der mich so eifrig unterstützt hat,
geb' ich viermal mein Portemonnaie, / weil keine Anklage genützt hat,
obwohl das Recht er stets geschützt hat, / es ist in Akten nachzulesen.
Was mich zum Glück nicht recht geritzt hat, weil ich der Klügere gewesen.
Wer den Original-Ton hören möchte, kann das mit der CD zum Programm: www.kip-media.de
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Lesen Sie am kommenden Mittwoch weiter: "Das Große Testament" des François Villon. Redaktion: Frank Becker |