Die Grillsaison ist eröffnet!

Katja Wolff inszeniert in Osnabrück "Der Vetter aus Dingsda"

von Frank Becker
Roderich und Julia auf dem Campingplatz
 


Bei Katja Wolffs „Der Vetter aus Dingsda“ ist bereits die Grillsaison eröffnet
 
Operette in drei Akten
Musik von Eduard Künneke – Text von Herman Haller und Rideamus (Fritz Oliven)
 
Regie: Katja Wolff – Musikalische Leitung: Marius Stieghorst – Bühne: Martin Fischer – Kostüme: Heike Seidler – Choreographie: Betty Dir
Besetzung: Natalia Atamanchuk (Julia de Weert) – Anja Meyer (Hannchen) – Hans-Hermann Ehrich (Josef Kuhbrot) – Heike Hollenberg (Tante Wimpel) – Mark Hamann (Egon von Wildenhagen) – Kolja Hosemann (Ein Fremder) – Marco Vasalli (Ein 2. Fremder), ferner Stefan Kreimer, Stefan Igeler, Silvio Heil
 
Sumatra Fehlfarben
 
Anja Meyer, Mark Hamman, Hans-Hermann Ehrich, Heike Hollenberg,
Silvio Heil - Foto: Theater Osnabrück
 
Wenn sich Josef Kuhbrot (Hans-Hermann Ehrich) auf der Bühne eine Zigarre anzünden läßt, duftet es im Saal nach Sumatra Fehlfarben. Und schon haben wir die Richtung, geht es doch in Eduard Künnekes Operette um einen jungen Burschen, der sich vor sieben Jahren in die Kolonien nach „Dingsda“ (Batavia) abgesetzt und die Liebe der schönen Julia de Weert mit in die Ferne genommen hat. Die soll kurz vor ihrer Volljährigkeit vom Onkel Josef mit seinem Neffen August verkuppelt werden, damit das Vermögen in der Familie bleibt. Doch sie hängt noch immer dem Treueversprechen ihres Roderich nach. Drumherum entwickelt sich das übliche Verwechslungsspiel um Liebe, Lust und Lächerlichkeit – im Original auf Schloß de Weert um 1920 angesiedelt. Regisseurin Katja Wolff zeigt jedoch dem großbürgerlichen Ambiente die kalte Schulter und läßt die Handlung zwischen Klappstühlen mit Shorts, Socken und Sandalen auf einem Platz für Dauercamper spielen.


 
Nicht viel denken
 

A. Meyer, Natalia Atamanchuk, H. Hollenberg - Foto: Theater Osnabrück
Wie die erwachsene Julia, ihre Freundin Hannchen (Anja Meyer), Onkel und Tante („...ja das sind Verwandte, die man am liebsten nur von hinten sieht...“) in dem winzigen Wohnwagen hausen, bleibt dem Betrachter gottlob verborgen. Man möchte es nicht wissen. Die Lakaien Hans und Karl (Silvio Heil/Stefan Igeler) sind zu den Kiosk-Betreibern des Platzes geworden. Ihnen verdanken wir eine amüsante Ballett-Einlage zum Tango „Kindchen, du mußt nicht so schrecklich viel denken“. Die Tante (Heike Hollenberg) sieht man ob ihrer wohlgeformten Beine im kurzen Röckchen gerne von hinten, ansonsten ist sie eine veritable Soubrette.
 
Strahlende Natalja Atamanchuk
 
Nachdem sich das Osnabrücker Symphonieorchester unter Marius Stieghorst auf die akustischen Verhältnisse des Remscheider Teo Otto Theaters eingespielt hatte, wurde die ganze Sache eine hübsche, entspannte Abendunterhaltung, bei der die attraktive Natalia Atamanchuk unter blonder Lockenperücke und in erlesen bunten Sommerkleidchen temperamentvoll die Szene beherrschte. Ihr „Strahlender Mond“ wusste wirklich zu leuchten, und die Duette mit dem fremden Wandergesellen (von Kolja Hosemann berlinerisch-frisch gegeben), der im Jogging-Anzug daherkommt, sich als

Wandergesell langt zu - Kolja Hosemann, Natalia Atamanchuk 
Foto: Theater Osnabrück
Roderich ausgibt und dann doch August ist, machten Freude. Mark Hamann als erfolgloser Bewerber um Julias Gunst, Egon von Wildenhagen, ein passabler Buffo, der heftig an Joe Pesci in "Lethal Weapon" erinnert.
 
Operette nach Schablone
 
Was erzähle ich viel. Operetten-Schablone halt: Die Paare finden und lieben sich überkreuz, der Onkel (köstlich sein „Der Roderich, der Roderich“) kommt doch noch zur gewünschten Verbindung – Friede, Freude Eicherkuchen. Keine Sensation, aber nett. Aber: das mit dem Campingplatz wurmt denn doch, weil es einfach nicht paßt – man hätte die Handlung lieber auf Schloß Schnapsschnorchel gesehen. Und wer behaupten würde, er hätte aus dem Graben Robin Chadwicks Violine gehört, hätte Recht, denn der bekannte Remscheider Geiger war als Aushilfe engagiert worden.
 
Weitere Informationen unter: www.theater.osnabrueck.de