"Chromveteranen" der 50er bis 80er Jahre

Ein Tacker-Film von Wolfgang Dresler

angeschaut von Frank Becker
© Tacker Film
Vom Vergnügen, ein Auto zu haben
Werbefilme der deutschen Autoindustrie
1950-1985



Der junge und schlanke Hans-Joachim Kulenkampff warb 1949 bereits für den Ford Taunus, andere bekannte deutsche Schauspieler, darunter der damals noch nicht so bekannte Uwe Friedrichsen, fungierten Anfang der 50er Jahre als Werbe- und Sympathieträger für den Volkswagen Export (neu oder gebraucht) mit der neuartigen Synchronisation der Gänge, und Margit Saad saß elegant am Volant eines schicken Opel - da sieht man dann später auch noch Peter Mosbacher, Bum Krüger und Käthe Haack. Die aufstrebende Auto-Industrie, die derzeit ihren Ruf und Ruhm in

Ford Taunus Foto: Archiv Musenblätter
Milliarden-Löchern versickern sieht und nur noch mit staatlicher Hilfe die Pleite abwenden kann, weil durch Mißwirtschaft und Gier die Aushängeschilder der deutschen Wirtschaft mutwillig ruiniert wurden, setzte nach dem Zweiten Weltkrieg und im einsetzenden Wirtschaftswunder aufs Auto. Da war keine Reklame zu aufwendig, Stars wurden engagiert. Einen Querschnitt durch die deutsche Automobilwerbung der 50er bis 80er Jahre hat das Label Tacker-Film mit historischen Originalaufnahmen auf den Markt gebracht, herrliche Unterhaltung, ein Stück deutsche Geschichte und ein wenig Wehmut zugleich. Wolfgang Dresler hat wie zuvor schon zu anderen klassischen Werbe-Themen den gut recherchierten Film zusammengestellt, Christian Steiger hat ihn kommentiert.

Gutbrod, Kleinschnittger, Spatz


Wer kennt die Namen heute noch: Gutbrod, Kleinschnittger, Spatz, Lloyd, Goliath, Hansa? Das war neben den "überlebenden" Marken wie der einstige KdF-Wagen, der jetzt Volkswagen hieß und

VW 1200 (Brezel) Foto: Archiv Musenblätter
seiner Form und seiner Rückfenster wegen liebevoll "Brezel-Käfer"
genannt wurde, dem Ford Taunus im Kleid von 1939 und DKW/Auto Union der Versuch eines Neuanfangs "ganz klein" - und das bitte wörtlich zu nehmen. Es waren Straßenflöhe, der Kleinschnittger wurde mit seinen 170 kg Gesamtgewicht "das rasende Kuchenblech" genannt, Der Lloyd hieß "Leukoplastbomber", seine Karosserie war aus Sperrholz und der Spatz fackelte sich schon mal ab - soviel zum Thema "Verbrennungs-Motor". Viel Platz boten sie alle nicht und Sicherheit überhaupt keine. Da war der

Fors 12 M - Foto: Archiv Musenblätter
Hansa 1500 von Borgward schon eine Klasse für sich.
Der Taunus 12 M aus Köln mit der berühmten Weltkugel am Bug setzte Zeichen für einen wirklichen Neuanfang, gefolgt vom größeren Luxus-Bruder 15 M und dem unübertroffenen 17 M de Luxe von 1957, dem "Barock-Taunus". War das ein Wagen! "Für ihr Geld viel Auto" versprach 1961 die Werbung für den wiederbelebten 12 M mit 38 PS. Das schönste Modell der Ford-Baureihe der 60er aber wurde der legendäre P 3, die "Badewanne" mit den fast erotisch abgerundeten Ponton-Formen: durchgehende Sitzbank vorne, geschmeidige Lenkradschaltung, Front- und Rücklichter perfekt gelungen. Der Nachfolger P 4 konnte den Charme des P 3 nie erreichen.

Ford P 3 - Foto © Frank Becker

"DKW ist wieder da!" Auto-Union produzierte in Ingolstadt und Düsseldorf. "Meisterklasse" als Cabriolet und Limousine (über 100 Spitze!), Junior, 3=6, 1000 S / SP (der deutsche Thunderbird), F 11, F 12, F 102 hießen die erfolgreichen Zweitakter, die sich letztenendes gegen die Viertakt-Konkurrenz nicht halten konnte.

Prinz, Isetta, Janus


Erstaunlich lange hielten sich ein paar der etwas solideren "Kleinen". Der Lloyd Alexander, der sogar zeitweise dem VW Käfer Konkurrenz machen konnte, der NSU Prinz, ein wirklich flotter Flitzer, der recht häßliche Zündapp Janus, die Isetta (12 PS) und der 600er von BMW, der Messerschmitt Kabinenroller und das Fuldamobil. Das Goggomobil, das mit einem ausführlichen Film vorgestellt wird, hatte besonders viele Freunde, es gab diesen Schlaglochsucher sogar als Coupé und Transporter! "Goggo fahren,

NSU Prinz - Foto © Frank Becker
heißt Geld sparen!" Den BMW 600 stellt übrigens als Kind der Schauspieler Friedjof Vierock vor. Die Kapitel des Films sind nicht nach Marken, sondern nach Dekaden zusammengestellt. So kommt es, daß mit den Jahren ganz langsam die Autos luxuriöser werden. Es gab mehr Geld in der Lohntüte und die Wirtschaft mußte angekurbelt werden. Mit dem Wohlstand wuchsen die Familienkutschen und Sportflitzer. Kommen wir also zur Mittel- und Oberklasse des deutschen
Wirtschaftswunder-Automobils.

Opel, Mercedes, BMW und ihre Flotten

Opel Rüsselsheim produzierte am laufenden Band - jedes Jahr ein neues Modell des Opel Olympia als bescheidene Kopie der US-Schlachtschiffe. Der Kapitän war lange das Flaggschiff der Flotte, bis der Rekord der erste Dauerbrenner wurde. Peter Mosbacher probiert ihn als Familienvater aus, die Buben sind begeistert: "In 15 Sekunden von Null auf 80!". Ach, wie gemütlich. Sogar einen

Opel Rekord - Foto: Archiv Musenblätter
Kleiderhaken und einen Zigarrenanzünder hat der Rekord, registrieren Bum Krüger und Käthe Haack. Dem Kapitän war trotz energischer Konkurrenz zum Mercedes nur noch eine kurze Zeit beschieden, dafür traten in den 70ern mit Admiral und Diplomat benzinfressende Saurier auf den Plan, die heute zu Recht Kult-Status haben. Die eleganten Schwaben von Mercedes Benz aus Stuttgart ("Ihr guter Stern auf allen Straßen"), Hochpreis-Klassiker für die dicke Brieftasche und nicht für Otto Normalverbraucher erschwinglich, belegen bis heute eine eigene Kategorie: 170, 180, 190 SL (schwarz, von Rosemarie Nitribitt gefahren), 220 SE Cabriolet (rot, von einem berüchtigten Zuhälter gefahren), 300 SE (von Bundespräsident Heuss und Bundeskanzler Adenauer gefahren). BMW hat einige der schönsten Autos aller Zeiten gebaut - den 501/502, auch Barock-Engel genannt und dem vielleicht schönsten Sportwagen überhaupt. Später gab es den 3200 Bertone, für den die TV-Stars Irene Koss und Sammy Drechsel warben.

Porsche, Capri, Opel GT

Da kann nur der Porsche mithalten. Die Baureihe 356 (40 PS) auf Käfer-Basis, 356 Carrera (115

Porsche 356 - Foto: Archiv Musenblätter
PS), 90 SC, 911/912 sind Legende geworden. Die Westentaschen-Version wurde später der VW Karmann Ghia (Neckermann-Ferrari), und über die "Hausfrauen-Porsche" 914 und 924 wollen wir gar nicht viel sagen. BMW mußte seine Rassepferde zurückziehen, Porsche blieb.
Ein paar Raritäten - ich habe längst nicht alle Modelle erwähnt, die in dem Film gezeigt werden - zum guten Schluß. Da gab es den Ro 80 (1967) mit Wankelmotor (auch der Sport-Prinz hatte kurzfristig einen), für den Erik Ode und Günter Schramm Reklame machten, übrigens die erste vergleichende Werbung, den Opel GT ("Nur Fliegen ist schöner" - 1968-73), die Opel-Modelle Kadett, Ascona und Manta, den Ford Capri (1973-84) und die VW-Revolution mit dem Golf, dem Passat, dem Scirocco, dem Polo und dem K70 - dem erfolglosesten VW-Modell in Deutschland. Aber in China wurde er in den 80ern fleißig produziert. Auch die tragische Geschichte der noblen Marke Borgward wird mit einigen interessanten Filmen aufgerollt.

Sehenswert

Ford P 3 - Foto © Frank Becker

Nach einer Stunde und 24 Minuten ist das Vergnügen zu Ende. Ich habe diesen sehenswerten Film gleich noch einmal von vorne angefangen - und jetzt beim Schreiben gleich ein drittes Mal. Wer für die deutschen Autos der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts schwärmt, sollte diesen Film haben - und wird ihn lieben.
"Chromveteranen", Die Wirtschaftswunder-Autos im Werbefilm - mit über 120 Werbespots, ein Film von Wolfgang Dresler, © Tacker Film, Gesamtzeit 1:27:31 + Extras


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