Theater Hof: Die Grönholm-Methode

Ein überzeugendes Gastspiel in Bayreuth gesehen

von Alexander Hauer
Das Mitleid hält sich in Grenzen
 
Städtebundtheater Hof zeigt:
Die Grönholm-Methode
Schauspiel von Jordi Galceran


Inszenierung: Ralf Hocke - Ausstattung: Zhuo Chen - Fotos: SFF Fotodesign
Besetzung: Fernando Porta (Jens Hollwedel)  - Enrique Font (Wolfgang Kaiser) - Mercedes Degás (Anja Stange) - Carlos Bueno (Peter Kampschulte)
 
Besuchte Vorstellung 25.Juni 2009, Gastspiel in Bayreuth
 
Bewerbungen
 
Wie in allen guten Tragödien gibt es viel zu lachen. Und Jordi Galcerans Stück  „Die Grönholm-
Methode“ birgt viel Grund, die eigene Schadenfreude auszuleben. Das Opfer, der Anti-Held, ist Fernando Porta, ein eiskalter Emporkömmling aus kleinsten Verhältnissen, der sich um eine hochdotierte Stellung in einer der weltgrößten Firmen bewirbt. Seltsam nur, daß zu diesem Bewerbungsgespräch auch noch drei weitere Kandidaten eingeladen wurden, die sich gegenseitig auch noch beurteilen sollen.
Jens Hollwedel gibt diesen arroganten Schnösel, er zieht sämtliche Register seines schauspielerischen Könnens vom Fiesling bis hin zum verzweifelten Familienmenschen auf höchst überzeugende Weise. Seine Mitbewerber sind  Wolfgang Kaiser (Enrique Font), ein liebenswerter, stets dahin plaudernder, wenig belastbaren Mensch, Peter Kampschulte, der dem kurz vor der OP stehenden Transsexuellen Carlos Buena, auf subtilste Weise Figur gibt, und die sensationelle Anja Stange als karrieregeiles Machtweib Mercedes Degás.
 
Gladiatoren

Die Gladiatoren sind in der Arena und das Gemetzel beginnt. Es wird mit harten Bandagen gekämpft, peinliche Geheimnisse werden an den Tag gezerrt und gnadenlos seziert. Die Geschäftsführung leitet das perfide Spiel, wollen sie doch keinen guten Menschen, der nach außen hin das Arschloch gibt, sondern ein Arschloch, das den Guten mimt. Und alle fühlen sich berufen, doch als erstes knickt Carlos Bueno ein, als er erkennt, wie unmenschlich seine Mitbewerber sind. Mercedes Degás’ Mutter ist verstorben, doch sie bleibt beim Bewerbungsgespräch. Als nächstes bekennt sich Enrique Font als Maulwurf der Geschäftsleitung, ein Experiment um den besten Kandidaten zu finden. Der Showdown zwischen den beiden letzten beginnt. Jeder bekommt eine Aufgabe, sein Gegenüber in eine bestimmte Situation hinein zu manövrieren. Derjenige, der sein Ziel als erstes erreicht, bekommt die Stelle. Dieser Kampf zwischen Anja Stange und Jens Hollwedel erreicht Qualitäten einer überdurchschnittlichen Virginia Woolf-Inszenierung.
 
Striptease

Mit einem zu Herzen gehenden Seelen-Striptease gewinnt Fernando Porta den Zweikampf.
Alleingelassen wartet er auf einen Kommentar der Geschäftsleitung. Drei Firmenpsychologen erscheinen - es sind seine vorherigen Mitstreiter - und erklären ihm, daß er zu soft für die Position sei. In der Ausstattung von Zhuo Chen gelingt Ralf Hocke ein gelungenes Seelendrama, das aber genügend Platz zum Spaß läßt. In knapp zwei Stunden werden die Abgründe des Menschen ausgeleuchtet. Er führt seine Protagonisten an äußerste Grenzen, seinem Publikum bereitet er einen mehr als vergnüglichen Abend, trotz oder vielleicht wegen der derben Sprache.
Angesichts der zur Zeit vielen Firmen- und Bankenkrisen hielt sich das Mitleid mit dem ach so gebeutelten Fernando Porta dann aber doch in Grenzen.
 
Weitere Informationen unter: www.theater-hof.com

Redaktion: Frank Becker