Zärtliche Unruhe

Country-betonter Pop-Jazz mit Silje Nergaard - "Darkness Out Of Blue"

von Frank Becker
Zärtliche Unruhe

Hin und wieder tritt der Glücksfall ein, daß bei einer Produktion wirklich alles stimmt. So bei der jüngsten CD der norwegischen Ausnahme-Sängerin und Komponistin Silje Nergaard, die mit "Darkness Out Of Blue" einen exorbitanten neuen Beweis ihres außergewöhnlichen Könnens vorlegt.
Zwölf Titel hat das Album und zwölfmal nickt man beim ersten Anhören zustimmend, beginnt beim zweiten Anhören, Favoriten auszuwählen - und verwirft die Auswahl beim dritten Mal. Alle sind auf ihre Art besonders, berührend und perfekt gemacht.

Da ist zunächst die mädchenhaft spröde Stimme der zierlichen 40-jährigen Norwegerin, die intensiv unter die Haut geht, gefühlvoll,
wandlungsfähig, verführerisch,  mit Schmelz und einer Mischung aus Country ("The Diner", "Before you called me yours", ), Pop ("Wastelands", "Who goes there") und Jazz ("Paper Boats", "How are you gonna deal with it"). Dann ist da eine hervorragende Band, für das aktuelle Album zusammengestellt und ganz offenbar gut ausgewählt: Helge Lien an Klavier und Keyboards hat den Jazz in den Fingerspitzen, Allround-Drummer Jarle Vespestad ist in allen Sätteln gerecht und  Bjørn Charles Dreyer zeigt sich mit viel Seele als Pop-und Country-Gitarrist, der auch Insider an der Pedal Steel Guitar zu überzeugen weiß.

Von den Papierschiffchen Arthur Rimbauds im zärtlichen Opener "Paper Boats" mit traumschönen Streichersequenzen, der an die großartige Cristin Claas erinnert, über das Country-Vibrato im hinreißenden Titelsong "Dark out of the blue" in dem auch Lien brilliert und den veritablen Pop-Song "When Judy falls" bis hin zu der romantischen Ballade "What might have been" fächert Silje Nergaard ihr Repertoire und Potential auf, mit dem sie sich sicher zwischen Genres und Stilen bewegt. "Let me be troubled" fordert sie engelsgleich nach einem mehr als 2½-minütigen instrumentalen Intro von Klavier und Orchester. "You got me troubled", möchte man erwidern, denn sie hat mit den 63 Minuten für zärtliche Unruhe im Herzen gesorgt und es dem Rezensenten nicht leicht gemacht, das Album in die "richtige" Kategorie einzurücken. Bei Country oder bei Pop wäre es ebenso gut untergebracht gewesen wie nun beim Jazz. Die Entscheidung ist der hohen Qualität geschuldet. Ein großartiges Album.
Beispielbild


Silje Nergaard
Darkness Out Of Blue

Silje Nergaard  -  Gesang, Komposition
Helge Lien  -  Klavier
Finn Guttormsen  -  Kontrabaß
Bjørn Charles Dreyer  -  Gitarre, Pedal Steel Guitar
Jarle Vespestad  -  Schlagzeug
+ ein namenloses Orchester

(P) + © 2006 Universal Music - EmArcy

Titel:
1. Paper Boats
2. Darkness out of blue
3. The Diner
4. Wastelands
5. When Judy falls
6. The Beachcomber
7. What might have been
8. Aren't you cured yet
9. Who goes there
10. Before you called me yours
11. How are you gonna deal with it
12. Let me be troubled

Gesamtzeit:   1:03:15

Weitere Informationen unter:
www.jazzecho.de
www.siljenergaard.com