Wuppertal als kleine Metropole und seine Historische Stadthalle

Zwei Bücher über Schönes in der engen Fabrikstadt an der Wupper

von Robert Sernatini
Zwei neue Bücher über die Schönheit(en) einer Stadt

 

         

 


Wuppertal - Die Bergische Metropole
von Holger Klaes und H.-J. de Bruyn-Oboter

132 Seiten mit mehr als 150 Farbfotos, 25,5 x 25,5 cm
© 2008 Stadt-Bild-Verlag Leipzig
geb. m. Schutzumschlag, 19,95 €
www.stadt-bild.de
 
Die historische Stadthalle Wuppertal
von Heinz Theodor Jüchter

191 reich illustrierte Seiten, 25 x 23 cm
© 2009 Sutton Verlag Erfurt
geb. m. Schutzumschlag, 24,90 €
www.suttonverlag.de


Daß beide hier vorgestellten Bildbände sich auf dem Titel mit einer nächtlichen Aufnahme der schönen historischen Stadthalle der Bergischen Großstadt schmücken, ist zumindest bei einem Buch, dem zuerst erschienenen (oben links), das die Stadt in allen ihren Facetten und mit allen ihren Schönheiten vorstellt, dem Zufall geschuldet. Bei dem oben rechts gezeigten Buch ist besagte Stadthalle nebst ihrer Historie der Kern der Veröffentlichung. Der distanzierte Betrachter könnte daraus den Schluß ziehen, daß Wuppertal offensichtlich nicht viel mehr Attraktionen zu bieten hat. Doch dieser Schluß wäre ein Fehler.

Den Gegenbeweis tritt der Fotograf Holger Klaes in seinem anspruchsvollen Bildband "Wuppertal - Die Bergische Metropole" an. Er gehört, da sind sich viele Betrachter einig, zu den schönsten bisher über die unspektakuläre Bergische Großstadt veröffentlichten Büchern. Klaes hat es geschafft, neue Winkel für den Blick auf die populären und weniger bekannten Sehenswürdigkeiten zu erschließen. Natürlich kann man eine Stadt nicht neu erfinden, ja nicht einmal neu definieren, wenn sie sich so auf bestimmte Facetten festlegt, wie das die Doppelstadt Barmen-Elberfeld seit 1929 tut. Doch man kann mit ein wenig Distanz zum eingefahrenen Fokus die berühmte Schwebebahn, den schönen Zoo, all die Kirchen, Türme, Parks und Museen auch ganz anders betrachten. So nämlich, daß auch der häufige Besucher oder gar der Einwohner seine Stadt mit neuen, blanken Augen sieht.
Stimmungsvolle, mustergültige Fotos hat Holger Klaes geliefert, Industrie und bäuerliches Fachwerk, Theater und Sport, Denkmäler und moderne Architektur, Handel und Freizeit, Schwebebahn und Tanztheater, Musentempel und Museen in ein so attraktives Licht gerückt, daß man - würde man Wuppertal nicht schon kennen - sogleich aufbrechen möchte, um dieses Juwel auf der Grenze zwischen Westfalen und Rheinland zu besuchen. Hans-Joachim de Bruyn-Oboter hat den Fotografien griffige, zugleich unterhaltsame wie informative Texte zugeordnet, die keine Fragen zum Gezeigten offenlassen. Wer Wuppertaler ist und seine Stadt liebt und wer als Besucher ein wirklich schönes Souvenir mit nach Hause nehmen möchte, sollte dieses Buch haben. Wer nach einem passenden Geschenk sucht, ich denke hier an die Stadtväter und die Vielzahl prosperierender Firmen "im Tal", muß nun nicht mehr suchen.

Der rührige Sutton Verlag ist mit seinem neuen Bildband über die Wuppertaler Historische Stadthalle vom gewohnten Duotone-Paperback abgewichen und hat in ähnlichen Maßen und ebenso hoher Qualität einen prächtigen, reich illustrierten und mit umfangreichen Textbeiträgen versehenen Bildband über die wunderschöne Wuppertaler Stadthalle auf dem Elberfelder Johannisberg auf den Markt gebracht. Zum 100. Geburtstag und der vollständigen Restaurierung des würdigen Gebäudes war bereits 1995 im Verlag Müller + Busmann ein Prachtband erschienen, der jetzt vergriffen ist. Eine Neuauflage hätte die Entwicklungen der vergangenen 14 Jahre nicht berücksichtigen können, also gab die Stadthalle ein neues Buch in Auftrag, für das ein früherer Kulturdezernent der Stadt den Zuschlag erhielt. In zwei Jahren Arbeit stellte H.Th. Jüchter ein weitgehend neues Buch auf ebenso neuem Konzept fertig. Wuppertals Oberbürgermeister Peter Jung nennt das Haus, in dem das Sinfonieorchester Wuppertal unter seinem GMD Toshiyuki Kamioka neben namhaften Gastorchestern aus aller Welt seine Konzerte gibt, einen "Bau von Wichtigkeit ohnegleichen - die Stradivari unter den Konzertsälen" und würdigt das Buch als Schließung "einer wirklichen Lücke".
Der große deutsche Dirigent Günther Wand, ein geborener Elberfelder, gastierte in der Stadthalle gerne mit seinen Orchestern (S. 148), Jacques Loussier füllte mit seinem Trio im Abstand von Jahrzehnten zweimal das Haus, Helène Grimaud und Nigel Kennedy gaben sich die Ehre und die mittlerweile arrivierte Fotografin Alina Gross hatte hier ihre erste Ausstellung. Die jüngst verstorbene Pina Bausch allerdings war mit ihrem Tanztheater ebensowenig zu Gast wie das Wuppertaler Schauspiel. Es bleibt also Koketterie, wenn man beiden Platz in einem Buch über die Stadthalle einräumt. Bis auf diese Kleinigkeit jedoch ein ansprechendes, vorzüglich illustriertes und informatives Buch über die "gute Stube" Wuppertals.

Redaktion: Frank Becker