Komödie und Charakter
Helmuth Lohner (*1933 in Wien) gehört ohne Frage zu den größten, wesentlichsten Schauspielern deutscher Sprache des 20. Jahrhunderts. Gleichermaßen auf den Bühnen Österreichs und Deutschlands, im Film und beim Fernsehen erfolgreich, ist und war der geniale Darsteller vielschichtiger Rollen u.a. Regisseur, Burgschauspieler, Ehrenmitglied des Theaters in der Josefstadt, Kammerschauspieler, Träger aller hohen staatlichen Auszeichnungen Österreichs, Träger der Kainz-Medaille und des Nestroy-Ringes. Daß Bruno Ganz und nicht Helmuth Lohner derzeit den Iffland-Ring trägt, habe ich nie verstanden. Nach Josef Meinrad kam nur Lohner in Frage, allenfalls Otto Schenk. Seine TV-Verkörperung Anton Kuhs ist ebenso unvergessen wie seine vielen Nestroy-Rollen auf den Wiener Bühnen und die Zauberflöten-Regie 2005. Aktuell führte er 2008 bei den Seefestspielen Mörbisch beim Singspiel "Im Weißen Rössl" Regie, derzeit inszeniert er dort "My Fair Lady" und übernimmt auch die Rolle des Doolittle. Mehrere Jahrzehnte war Helmuth Lohner begehrter Darsteller bei den Salzburger Festspielen, die ihn u.a. in Shakespeare-, Nestroy-, Schnitzler- und Hofmannsthal-Inszenierungen sahen. Das Label "Arthaus Musik" hat in seine Reihe von Live-Aufzeichnungen der Festspiele, die bis 1962 zurückreicht, auch einige Stücke mit Helmut Lohner und seinem kongenialen Theater-Freund Otto Schenk (als Regisseur und Partner auf der Bühne) aufgenommen. Wir erleben ihn in den ungekürzten Aufzeichnungen des Fernsehsenders ORF in William Shakespeares Komödie "Was ihr wollt" (1973) und den beiden Nestroy-Possen "Der Talisman" (1976) und "Der Zerrissene" (1984) an der Seite von u.a. Otto Schenk (*1930), der überdies bei allen dreien Regie führte, Fritz Muliar (1919-2009), Senta Wengraf (*1924), Christiane Hörbiger (*1983), Heinrich Schweiger (1931-2009), Christine Ostermayer (*1936), Klaus Maria Brandauer (*1944), Sabine Sinjen (1942-1995), Josef Meinrad (1913-1996), Karl Paryla (1905-1996), Wolfgang Hübsch (*1939), Heinz Marecek (*1945), Hans Dieter Zeidler Es sind bei aller unzulänglichen Bild- und Tonqualität, für die sich die Herausgeber dennoch unnötigerweise entschuldigen, großartige Theaterabende, die Schauspielkunst - Theater ist eben nach wie vor um einiges praller als Film - in höchster Vollendung zeigen. Lohner und Zeidler als dumm-besoffenes Duo Rülp/Bleichenwang in "Was ihr wollt", daselbst Josef Meinrad als verhöhnter Malvolio, Karl Paryla als kluger Narr, Rudolf Mellichar als ehrenwerter Antonio und Christiane Hörbiger als derb-schlaue Maria sind schon Ereignis. Nestroy scheint Helmuth Lohner geahnt zu haben, als er während des Biedermeier seine Possen mit Gesang schrieb, denn dem gekonnt fahrigen Charakterdarsteller sind der unglücklich reiche Herr von Lips in "Der Zerrissene" und der verkannte Titus Feuerfuchs in "Der Talisman" nachgerade auf den Leib geschneidert. In beiden Inszenierungen brilliert auch Otto Schenk deftig an Lohners Seite und wir können noch einmal den unvergessenen Fritz Muliar und den vor gerade mal 14 Tagen verstorbenen wunderbaren Heinrich Schweiger sehen. Die mit guten Informationen in Umschlag und Beiheft versehenen DVDs lohnen nicht nur für Freunde von Helmuth Lohners Spiel und Otto Schenks Regie-Arbeit. Es sind Bonbons für jeden Theaterfreund. William Shakespeare "Was ihr wollt" (Salzburg 1973) - 1 DVD - 170 Minuten Johann Nestroy "Der Talisman" (Salzburg 1976) - 1 DVD - 149 Minuten Johann Nestroy "Der Zerrissene" (Salzburg 1984) - 1 DVD - 135 Minuten Weitere Informationen unter: www.arthaus-musik.com |