Aktuelles aus der Kultur

Eine Kolumne

von Andreas Rehnolt

Foto © Frank Becker

Aktuelles aus der Kultur

Für die Musenblätter zusammengestellt
von Andreas Rehnolt





Köln beschließt neuen Standort für Historisches Archiv
 
Köln - Sechs Monate nach dem Einsturz des Historischen Archivs in Köln hat der Rat der Stadt jetzt beschlossen, daß der Neubau am Eifelwall in der Domstadt entstehen soll. Die weiteren Planungen sehen vor, daß auch Kunst- und Museumsbibliothek sowie das Rheinisches Bildarchiv mit in den Neubau einziehen, teilte ein Sprecher der Stadtverwaltung am Wochenende mit. Der aus dem Amt scheidende Oberbürgermeister Fritz Schramma begrüßte die Entscheidung. Der neue Standort biete dem Archiv gute Entwicklungsmöglichkeiten für die nächsten Jahrzehnte. Bettina Schmidt-Czaia, die Archivleiterin erklärte, der neue Standort sei gut geschützt vor Hochwasser und habe einen stabilen Untergrund. Zudem sei er gut erreichbar und biete Platz für mögliche Erweiterungen. "Jetzt können wir unsere Planungen, das sicherste und modernste Archiv Europas in Köln zu haben, mit Hochdruck umsetzen," so Schmidt-Czaia.
 
Der Neubau am Eifelwall soll nach den bisherigen Planungen in etwa fünf Jahren bezogen werden können. Dem neuen Rat wird voraussichtlich in der nächsten Sitzung am 29. Oktober ein Vorschlag zur Genehmigung vorgelegt. Nach dem derzeitigem Planungsstand ist für das Bauvorhaben des Historischen Archivs mit der Kunst- und Museumsbibliothek und dem Rheinischen Bildarchiv sowie einer Reservefläche für 30 Jahre mit Kosten von rund 98 Millionen Euro zu rechnen. Das Historische Archiv in der Severinstraße war 1971 mit einer Bruttogeschoßfläche
von 10.000 Quadratmetern für den zu erwartenden Zuwachs an Archivalien der nächsten 30 Jahre errichtet worden. Bei dem Einsturz des Archivs am 3. März dieses Jahres starben zwei Menschen, 36 Anwohner verloren ihre Wohnung. Archivgüter aus 1.000 Jahren Kölner Geschichte wurden verschüttet. Rund 85 Prozent der Archivalien konnten bisher geborgen werden. Das Ordnen und die Restaurierung der historischen Zeugnisse werden nach Darstellung der Stadt mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
 
 
Arpmuseum präsentiert "Erträumte Paradiese"
 
Erste umfassende Retrospektive zum Werk des Künstlers Peter Hutchinson in Remagen
 
Remagen - Unter dem Titel "Erträumte Paradiese" zeigt das Arpmuseum ab 18. September die erste umfassende Retrospektive des berühmten Land-Art Mitbegründers Peter Hutchinson in Deutschland. Nach Angaben von Kuratorin Jutta Mattern von gestern nimmt die Natur als übergeordneter Lebensraum immer einen zentralen Platz in den Arbeiten des Künstlers ein. Die bis zum 7. März nächsten Jahres laufende Schau präsentiert "erträumte Paradiese" aus allen Schaffensphasen von den 1960ern bis hin zu den jüngsten Werken aus diesem Jahr. Zu sehen sind  Fotocollagen, Objektkästen, Skulpturen und Filme sowie auch dokumentarische und lyrische Textbeiträge des 1930 in London geborenen Hutchinson.
 
Der Künstler bricht nach Darstellung der Kuratorin die hermetische Welt des Museums und Ateliers auf und beginnt, Wüsten, Vulkane, den Atlantik und den Meeresgrund für seine Kunst zu nutzen. Die insgesamt 160 ausgestellten Exponate kommen farb- und naturgewaltig, verspielt und humorvoll daher. Mit der Unterstützung der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Museums wird der Künstler speziell für das Außengelände des Neubaus des Museums eine Bodenarbeit mit dem Titel "Arp Anthracite Triangle" realisieren.
 
Das Museum ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.
Internet: www.arpmuseum.org


Musical "Evita" begeisterte bei der Dortmunder Premiere
 
Publikum im Opernhaus der Reviermetropole spendete minutenlang stehenden Applaus
 
Dortmund - Im vollbesetzten Dortmunder Opernhaus hat am Samstagabend das Musical "Evita" nach der Lebensgeschichte der Argentinierin Eva Peron seine Premiere gefeiert. Die Inszenierung von Stefan Huber präsentierte mit Ann Mandrella als Evita und Serkan Kaya in der Rolle des Erzählers und Revolutionärs Che Guevara zwei seit Jahren höchst erfolgreiche Musical-Interpreten in den Hauptrollen. Auch der zum Ensemble der Oper zählende Hannes Brock als Juan Peron überzeugte. Am Ende des knapp zweieinhalbstündigen Stücks aus der Feder von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice gab's minutenlangen stehenden Applaus für Hauptdarsteller, Tänzer und Opernchor. Auch die allesamt schwarz-weiß gehaltenen Kostüme sowie Bühnenbild, Choreographie und Live-Musik fanden einhellige Zustimmung.
 
Schade nur, daß zu Beginn der Premiere die Technik mit der Ausbalancierung von Musik und Stimmen einige Probleme hatte. Doch nach einer Viertelstunde fühlten sich die Zuschauer nach Argentinien versetzt. Dabei geriet die riesige Bühne des Opernhauses mit ihrer genialen Technik mal zum Kino, mal zur Kathedrale, zur Wahlkampfarena oder zum Schlafgemach der jungen Eva Duarte, die bei ihrem Aufstieg an die Spitze des Landes kein Bett ausließ, um die Karriereleiter höher und höher zu steigen. Serkan Kaya als Che Guevara traf - zumindest ist das historisch nicht belegt - nie mit Eva Peron zusammen. In Dortmund trifft der Kaya-Che im Musical mit den deutschen Texten von Michael Kunze dennoch mit Evita zusammen. Er ist mehr als nur Beobachter ihres Aufstiegs. Er ist quasi Kommentator und vor allem anklagender Schatten ihres kometenhaften Aufstiegs zur zeitweiligen First-Lady der Militär-Diktatur in Argentinien.
 
Bis zu 80 Tänzer und Sänger mischen in der Dortmunder Version von "Evita" mit. Massenszenen und einfühlsame Episoden im Schlafgemach oder auf dem diplomatischen Parkett wechseln sich ab. Gut umgesetzt mit dem Kinderspiel "Reise nach Jerusalem" kicken die Putsch-Generäle einen nach dem anderen aus der Anwärterschaft fürs Präsidentenamt, bis Peron alleine übrig bleibt. Die Ballett-Einlagen der in Uniform agierenden Offiziere zählen mit zu tänzerischen Höhepunkten der Inszenierung. Kaya glänzt nicht nur im Outfit Che-Guevaras sondern ist mal als eine Art Hausmeister derjenige, der die abgelegten Liebhaber von Evita vor die Tür befördert, mal ist er Arbeiterführer, der für seine Warnungen vor der stets auf Effekthascherei bedachten Evita vom Sicherheitsdienst Perons zusammengeprügelt wird.
 
Zu seinen besten Auftritten gehört sicherlich diejenige, in denen er als weißgekleideter Reporter die Europa-Regenbogen-Tournee von Evita durch Spanien, Italien, Frankreich und - zumindest geplant - England schrill plaudernd begleitet. Unverständlich dagegen, daß die Choreografie Kaya-Che immer und immer wieder in den Szenen nach links und rechts abgehen läßt und dadurch häufig für unnötige Unruhe sorgt. Herzergreifend der Song "Jung, schön und geliebt", den Che im Schlafzimmer von Evita nach deren Heirat mit Peron singt. Da ist die Titelfigur des Musicals tatsächlich erst ganze 26 Jahre alt und auf dem Höhepunkt ihrer Macht. "Halb Heilige, halb verführerischer Vamp" schafft es die aus ärmlichsten Verhältnissen  stammende Evita immer wieder, dem Volk vorzugaukeln, daß sie nur dessen Interessen im Blick hat.
 
Vom Balkon des Präsidentenpalastes aus ruft sie den fast hysterisch jubelnden Arbeitern zu, sie sollten ihr immer einen Platz in ihrem Herzen bewahren. Der durch Madonna unsterbliche Song "Wein nicht um mich Argentinien......" sorgt bei manchem Premierengast fürs Auspacken von Taschentüchern und fürs vornehme Schneuzen. Gänsehaut verursachend auch der Song von Kaja-Che "Steh auf, Argentinien. Brech Deine Fesseln entzwei." Nach und nach verwelkt dann die - nicht zuletzt - durch ihre Medienpräsenz geschaffene Macht der Präsidentengattin, die früh an Leukämie erkrankt. Unliebsame Kritiker ihrer Politik werden beseitigt, dubiose Spenden-Aktionen für Arme und Mitläufer verschlingen Unsummen an Kapital.
 
Und trotzdem, für die Arbeiterschicht und die Kirche an ihrer Seite wird Evita zuletzt zu "Santa Evita", einer Heiligen in Argentinien. Auch diese Bilder und Szenen beeindrucken in der Dortmunder Fassung. Ein einziges Mal haben Evita und Che, diese beiden Mythen aus der argentinischen Geschichte einen wirklich engen gemeinsamen Auftritt. Das ist kurz vor ihrem Tod, als er ihr ankündigt, sie und das von ihr gestützte System der Militärs als Revolutionär bekämpfen zu wollen. Ein knisternder Tango-Tanz, in dem viel Spannung und auch Erotik liegt.  Ganz am Ende, nach einem lange Minuten währenden Sterben der First-Lady knüpft Kaya-Che an den Anfang an. "Was für ein Zirkus, welch eine Schau. Argentinien beweint den Tod von einer Schauspielerin namens Eva Peron."
 
Nächste Aufführungen: 17. und 25. September, 2., 11., 18. 21. und 31. Oktober sowie 6., 13. und 19. November.
www.theaterdo.de


"Theaterlandschaft Iran" gastiert zum zehnten Mal in Mülheim
 
Mülheim - Bereits zum zehnten Mal präsentiert das Mülheimer Theater an der Ruhr vom 13. bis zum 17. Oktober aktuelle iranische Aufführungen beim Festival "Theaterlandschaft Iran". Zu sehen sind dann die wichtigsten Inszenierungen aus dem Programm des Teheraner Fadjr-Festivals 2009, so eine Sprecherin des Theaters am Wochenende. Das Mülheimer Theater zeigt sechs Produktionen aus Teheran. Den Anfang macht das Stück "Obwohl sie lebt, ist sie verloren". Die einzelnen Stücke spiegeln in unterschiedlicher Form den Konflikt zwischen Tradition und Moderne wider. Ob traditionelles Figurentheater oder politisch aufgeladene Experimente, "Theaterlandschaft Iran" will einen Blick in eine etwas andere Theaterszene geben. Das Teheraner Fadjr-Festival, 1983 zur Feier der islamischen Revolution gegründet, findet jährlich statt. Im Rahmen dieses Festivals gastierte auch das Theater Mülheim/Ruhr bereits fünfmal in der iranischen Hauptstadt.
 

Redaktion: Frank Becker