Eine traurige Nachricht gab es im Juni: Charlie Mariano, einer der wirklich feinen europäischen Jazz-Musiker, ist am 21. Juni in Köln gestorben, 85 Jahre alt. Er war lange krank gewesen und hatte auch sonst nicht das heitere sorglose Alter erleben dürfen, das ihm zugestanden wäre. Geldsorgen bis zum Schluß und Krebs. Und war dennoch ein heiterer, ganz seiner Musik lebender Mensch, der wie wenig andere sich in seinen Klängen ausdrücken konnte. Er stammte aus Boston, wo er am 12. November 1923 geboren wurde und war seit den 70er Jahren überwiegend in Europa tätig, spielte mit allem, was Rang und Namen hatte – oder, oft genug, durch ihn erst bekam – und war einer, dem die Fusion von indisch-asiatischer Musik mit europäisch-amerikanischen Traditionen am Herzen lag. Ein großartiger Improvisator und ein unglaublich feiner Tongestalter. Er war, das kann man ohne Übertreibung sagen, ein großer Musiker.

Ein ganz besonders feines Dokument ist uns zum Erinnern und zum Abschiednehmen geblieben - und jetzt in den Plattenläden zu haben: die Aufnahme seines Stuttgarter Konzerts vom 2. Mai 2008 mit dem belgischen Gitarristen Philip Catherine und dem niederländischen Pianisten Jasper van´t Hof. Es ist - ohne übertreiben zu müssen - eines dieser ganz besonderen Alben der Jazz-Geschichte geworden, die ihren festen Platz in den Annalen der Musik bekommen. Die Seele und Inspiration, mit der der damals 84-jährige und seine beiden Partner, ebenfalls zur Elite des Jazz zählend, dieses traumhafte Konzert aus eigenen neuen Kompositionen spielten, durchwebt den Raum. "Crystal Bells", "Randy" und "Plum Island" von Charlie Mariano ziehen mit hinreißender Zärtlichkeit ins Herz des Hörers ein. Eine schönere Hommage als dieses Album kann sich im Grunde kein Künstler wünschen.