Kein Blatt vor dem Mund Der Berliner Schauspieler Rolf Zacher (*1941) gilt seit Beginn seiner wechselvollen Karriere stets als der Unangepaßte, der Unberechenbare - ein, wer weiß, vielleicht ein wenig Ver-rückter, ein Großmaul, Cowboy, Spinner, Träumer. Skurril, rotzfrech, nicht einzuordnen, aber auf eine ganz eigene Art sympathisch. Er hat immer Typen verkörpert, denen man weder sein Auto borgen, noch das Portemonnaie oder die Freundin anvertrauen würde. Trinker, Heroin-Konsument, Spieler, Glücksritter, ein Fatalist. Sein Leben verschmolz mit seinen Rollen. Man hätte ihn am liebsten mindestens in Armlänge auf Abstand - aber doch: man möchte ihn nicht missen. Denn in seiner treuherzigen Chuzpe ist er, was viele eben nicht sind: ein Mensch mit sicherem Gespür für ehrliche Gefühle, einer der das Leben nicht verschwendet, sondern lebt. Da konnte man nur neugierig sein herauszufinden, wie er sich als Vortragskünstler machen würde. Das Album "Latest Hits" gibt allerbeste Gelegenheit, das festzustellen. Sein Musiker-Freund und Produzent Martin Bechler hat Zacher nämlich dreizehn Songs geschrieben, zu den meisten davon auch den Text. Zacher selbst kommt mit drei eigenen Texten gefühlvoll zu Wort, die wohl ebenso autobiographisch sind, wie die ihm auf die charaktervollen Falten des markanten Gesichts geschriebenen anderen. Zacher scheint mit diesem Album Bilanz zu ziehen, Bilanz eines Einsamen. Man hört ihm zu spitzt auf jedes neue Stück und liest mit Andacht im beigegebenen Textheft mit. Bechler ist ein beachtlicher Lyriker, Zacher sein kongenialer Interpret. Wie auch nicht, singt er doch wohl viel vom eigenen (Er-)Leben. Die Stimme kantig, das Wesen weich, die Seele spröde, der Blick zurück gewandt. Rolf Zacher zeigt sich als Chansonnier auf Augenhöhe mit den großen Franzosen/Belgiern und liefert ein mitreißendes, exorbitant packendes Album ab. Zachers Sprache, sein nochalantes Spiel mit dem Mikrophon, gepaart mit der bisweilen expressionistischen Rang erreichenden Großstadtlyrik und der sensibel darunter gelegten Musik Martin Bechlers macht aus "Latest Hits" (wir wollen mal hoffen, daß das nicht so ist) ein großartiges Album. Im letzten Stück "Schlaflied" - keine Spur von Kitsch ! - zart von Linda Konrads Stimme mit dem Text von Joszef Attila geadelt, tut sich ganz weit die Seele auf. Für dieses bewegende Album die höchste Auszeichnung der Musenblätter: der Musenkuß! Kottbusser Tor
So manches Mal war ich verloren
Doch niemals wie in dieser Nacht
Der Regen peitscht mir um die Ohren
Ich hab geweint, du hast gelacht
Ich trage nichts als Wut im Herzen
Nur Totes fällt mir aus dem Mund
Ein Donner grollt zu deinen Scherzen
Und an der Ecke bellt ein Hund
Aus meinen Händen zittert Liebe
Aus deinen Augen schimmelt Glanz
Aus meinen Beinen stolpern Schritte
Das letzte Lied, der letzte Tanz
Und bin ich auch noch nicht gestorben
Schmeckt diese Stunde wie der Tod
Die Blätter wenden sich zur Sonne
Mein Auto steht im Parkverbot
Und jetzt stehst du da am Kottbusser Tor
Schön wie nie zuvor
Ich schau dir noch mal nach und was ich seh
Zweimal Rot
© Martin Bechler
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Foto: Michael Palm Rolf Zacher
Latest Hits
Rolf Zacher - Vortrag Linda Konrad - Gesang Jennifer Kessler - Gitarre
Paul Shigihara - Bass
Hajo Hök - Schlagwerk
Alexander Paeffgen - E-Piano
Martin Bechler - Vibraphon
Bert Smaak - Perkussion
Produziert von Martin Bechler © 2008 WortArt
Titel:
1. Baby, so am I
2. Ich warte auf nichts
3. Kottbusser Tor
4. Die einen blieben liegen
5. Einmal zum Mond
6. Wir saufen ab
7. Tänzer werden
8. Du in Berlin?
9. Was für eine Nacht
10. Das Licht der Sterne
11. Droge
12. Barfly feat. Jennifer Kessler Sextett
13. Schlaflied feat. Linda Konrad
Gesamtzeit: 51:29 Weitere Informationen unter: |