Ein Fenster in eine stille Welt
Der Erfolg der Zürcher Seurat-Ausstellung, die in wenigen Tagen, am 4. Februar an ihrer zweiten Station, der Schirn Kunsthalle in Frankfurt/Main eröffnet wird, zeigt das wiedererwachte große Interesse an einem Maler, der innerhalb der Moderne eine wiederum neue, moderne Position eingenommen hat. Georges Seurat (1859-1891) revolutionierte als Impressionist einer neuen Generation durch seine Sichtweise und Maltechnik die Kunst des 19. Jahrhunderts. Kein Rebell war er, doch er hatte seine eigenen Vorstellungen, nach denen er sein Weltbild auch in der Malerei formte. Degas nannte ihn einen friedlichen, aber hartnäckigen, zielstrebigen Mann, Henry Moore bezeichnet ihn im BBC-Interview als einen der besten Zeichner der Kunstgeschichte und analysiert seinen Stil mit wachem Blick. Die wenigen überlieferten Bilder, die ihn zeigen, lassen Seurat als ruhigen, edlen Charakter erkennen, dem sein jugendliches Alter nicht anzusehen ist. Der Film von David Thompson zeichnet ein einfühlsames Portrait des jungen Malers, von dessen Leben nicht allzuviel überliefert ist und dessen Lebensspanne auf nur 31 Jahre begrenzt blieb. In der hinreißend gestalteten Gegenüberstellung von 100 Jahre nach Seurat entstandenen Filmskizzen mit den Zeichnungen und Gemälden Seurats entsteht ein leises, Bild der Welt, in und aus der er seine Motive, seinen Antrieb schöpfte. Mit feiner, bekannt scheinendes in Frage stellender Skepsis stellt Thompson Seurat neu vor, befragt u.a. die Op-Art-Künstlerin Bridget Riley zur Farbwahl und -theorie Seurats. Thompson, der wie Riley in Seurat einen Maler der Stille sieht, zieht sich da bescheiden in die Formel "wir wissen es nicht" zurück, wo andere vorschnell (hinein) interpretieren. Das läßt Seurat wohltuend sein Geheimnis. Allein die auf seinem Programmgemälde des Pointillismus, den er den wissenschaftlichen Impressionismus nannte, "Un dimanche à la Grande Jatte" (1884-86) fußende neue Seh- und Maltechnik ist als riesenhaftes Vermächtnis eines Frühvollendeten anzusehen. Riesenhaft nicht nur durch die Länge von drei Metern, die es zu einem der monumalsten Gemälde des 19. Jahrhunderts macht, sondern vor allem durch seine Bedeutung als eines der rätselhaftesten Bilder seiner Zeit und als einer der bedeutendsten Wendepunkte der französischen Kunst. Ein Bildanhang zeigt uns 33 Zeichnungen und Gemälde. David Thompsons Film öffnet ein wichtiges Fenster zum Verständnis Seurats und seiner Zeit. |
Georges Seurat
Leben und Werk Ein Film von David Thompson Regie und Produktion: Ann Turner
© 1988 BBC © der deutschen Edition 2008 Arthaus Musik
Sprache: englisch/deutsch Gesamtzeit: 1:10:1 Weitere Informationen unter: www.arthaus-musik.com |