Ein Diktator zum Anfassen

Fidel Castro, Das Ende einer Ära - Ein Film von Adriana Bosch

von Frank Becker
Fidel Castro - Das Ende einer Ära

Ein Film von Ariana Bosch



Man sieht und hört schon seit langem nichts mehr von dem Mann, der die Fäden des Schicksals Kubas seit nun 50 Jahren in seinen Händen hält. Fidel Castro (83), der "Maximo Leader" ist alt und krank, die Macht hat er 2008 seinem Bruder Raúl (78) übergeben. Die Geschichte des Jesuitenschülers, Rechtsanwalts, Volkstribuns, Guerillakämpfers und nachmaligen kommunistischen Diktators erzählt ein Film der in Kuba geborenen amerikanischen Regisseurin, Produzentin und Autor Adriana Bosch, der jetzt als DVD zu haben ist.

In fast zwei Stunden wird mit seltenem, dramatischem historischem Filmmaterial, Interviews und Fotos die Entwicklung eines konsequent unangepaßten Menschen dokumentiert, der - wenn auch unehelich geboren - aus besten Verhältnissen stammend von Anfang an sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen gestaltete. Ob als Schüler von Jesuiten-Padres an der besten Schule des Landes in Belem oder später als Jura- Student in Havanna, Fidel Alejandro Castro Ruz wollte das Besondere. In der gewalttätigen Atmosphäre Kubas, das seit 1898 unter amerikanischem Einfluß stand und durchweg von korrupten amerikanischen Marionetten diktatorisch regiert worden war, schlug er sich auf die nationalistische Seite, was ihn allerdings nicht
hinderte, 1948 die Hochzeitsreise mit seiner ersten Frau nach New York zu machen, wo er einen Luxuswagen kaufte und ein Appartement mietete. Die Ehe scheitert, Fidel wendet sich ganz der Politik zu und hat gute Aussichten, 1952 die Wahl zu gewinnen, als General Battista putscht und die Macht an sich reißt. Von jetzt an betreibt Fidel Castro die kubanische Revolution.

Ein erster Angriff Castros auf das Regime endet grausam, Battista decouvriert sich als Blutsäufer, Castro und sein Bruder Raúl entgehen aufgrund der Beziehungen der Familie der Hinrichtung. Beide werden zu 15 Jahren Haft verurteilt. Schon 1955 werden sie amnestiert. Castro geht nach Mexiko. 1956 scheitert ein Invasionsversuch, doch die Brüder Castro entkommen erneut und schaffen in den Bergen der Sierra Majestra die Grundlagen für die kommende Revolution. Dabei: Ernesto "Che" Guevara, ein argentinischer Arzt, der später zu einer internationalen Revolutions-Legende werden sollte. 300 Guerilleros widerstehen 10.000 Soldaten,
die USA lassen Battista fallen. Nur kleinste Gruppen Aufständischer erobern die Schlüsselpositionen in den Städten Kubas, Diktator Battista kapituliert vor der Volksrevolution, die von Castro in den Bergen gesteuert und von bürgerlichen Kräften in den Städten geführt wird. Er flieht mit 180 Komplizen und 100 Millionen Dollar. Doch die Hoffnung auf eine Demokratie zerschlägt sich schnell. Castro, jetzt Premierminister, hält keine der Vereinbarungen mit den anderen revolutionären Gruppen ein und errichtet nach einem kurzem amerikafreundlichen Intermezzo eine moskautreue kommunistische Diktatur. Der charismatische "Maximo Leader" läßt nach der vielversprechenden Landreform Gegner inhaftieren oder hinrichten.

Das Volk steht hinter ihm, solange er scheinbar eine sozialistische Demokratie aufbaut: bessere Schulbildung, Halbierung der Mieten, Bau neuer Wohnungen, Verteilung von Großgrundbesitz an Bauern. Als die Sowjets unmittelbar vor der Küste der USA auf Kuba ihren Fuß in die Tür stellen, wandelt sich das gesamte Bild. Castro enteignet US-Firmen auf Kuba, bekennt sich offen zur Allianz mit der Sowjetunion und die USA brechen die diplomatischen Beziehungen ab.
Millionen Kubaner verlassen das Land, suchen Asyl in den USA. Der Kalte Krieg hat Kuba erreicht. Doch Castro widersteht allen Angriffen, Attentatsversuchen, nationalem Widerstand aus liberalen Kräften des Landes, ja sogar einer Invasion durch von der CIA trainierten 1.400 Exil-Kubanern - das Debakel von der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht wird zur historischen Ohrfeige für die USA. Castro läßt Tausende Gegner inhaftieren und umbringen. Abstruse Mordpläne der Administration Kennedy mißlingen. Die Revolution wird stärker.

Castro bringt die Welt an den Rand des Atomkrieges, als er den Russen erlaubt, auf die USA gerichtete Abschußrampen für Mittelstreckenraketen zu installieren. Die noch heute kalte Angst erzeugenden "13 Tage" der Kuba-Krise, in denen John F. Kennedy Härte zeigt und Nikita Chruschtschow schließlich einlenkt,  werden 1962 zum Fanal gegen atomare Auseinandersetzungen. Doch Fidel übersteht auch das und bringt die Sowjetunion erneut hinter sich, mehr: er degradiert sie zum abhängigen Partner. Er macht sein Land zur Ausbildungsbasis für kommunistische Kämpfer in aller Welt, Che Guevara wird sein Partner dabei. Doch die beiden gleich starken Charaktere können nicht nebeneinander existieren. Guevara geht nach Bolivien. Er wird dort sterben. Die Sowjets ziehen sich unter der neuen Führung Leonid Breschnews zurück. Fidel beginnt eine neue Kampagne der Volksrevolution. Und wieder schafft er es, ein "Diktator zum Anfassen" zu werden. Nicht einmal der Zusammenbruch der Sowjetunion konnte ihn aufhalten oder ihn seines Einflusses berauben. Erst das Alter setze ihm seine Grenzen. Jetzt ist er krank, hat sich zurückgezogen. Mit seinem sicher bald anstehenden Tod wird Kuba nach mehr als 50 Jahren sozialistischen Experiments erneut einer Revolution gegenüberstehen. Wenn dann wieder die Amerikaner die Hand im Spiel haben, ist mit nichts Gutem zu rechnen.
Der brillante, hervorragend recherchierte und dokumentierte Film von Ariana Bosch ist sehenswert. Er sollte Bestandteil jeden Geschichtsunterrichts an weiterführenden Schulen werden.
 
Fidel Castro
Das Ende einer Ära
DVD - Gesamtzeiteit: ca. 120 Minuten
© 2009 edel motion

Weitere Informationen unter: www.edel.com