Aus glanzvoller Zeit

Zsusza Gáspár - "Österreich-Ungarn - Das Habsburgerreich von 1867 bis 1918"

von Frank Becker
Aus glanzvoller Zeit


Noch heute schwärmen viele Österreicher von einer Zeit, die nahezu alle von Ihnen nicht einmal mehr miterlebt haben, einer Zeit, in der das heute kleine Land im Herzen Europas, das jetzt allfällig als "Alpenrepublik" bezeichnet wird, die große habsburgische k.u.k. Donaumonarchie "Österreich-Ungarn" war.

Ein Autorenteam (Zsuzsa Gáspár, András Gerö, John Swanson, Péter Hanák, Csaba Fazekas, Paul Hanebrink László Csorba) mit deutlich österreichisch-ungarischem Zungenschlag hat sich 90 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem damit verbundenen Zerfall des riesigen Vielvölkerstaates des Habsburgerreiches und dessen zwar von 1867-1918 recht kurzer Geschichte
angenommen, deren kulturelle Aus- und Nachwirkungen allerdings bis auf den Tag in allen Teilen des damaligen Reiches zu sehen und zu spüren sind. Man muß sich dabei vor Augen halten, welche europäischen Staaten auf der heutigen Landkarte, bzw. Teile davon, neben den Kernländern Österreich und Ungarn seinerzeit zu Kaiser Franz-Josephs Machtbereich gehörten: Serbien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Slowenien, Italien, Tschechien, Slowakei, Rumänien, Bulgarien. Ein gigantischer Staat, den sein Monarch abwechselnd von Wien und Budapest aus regierte. Ein Staat, dessen politisches Erbe sich bis heute mitunter desaströs auswirkt, dessen kulturelle Blüte jedoch unschätzbar für die Kultur Europas ist.

"Das Erbe des Reiches" nämlich findet man in Malerei und Musik, Literatur, Architektur, Küche und Kaffeehaus-Kultur.
Gleich ob in Prag, Budapest, Wien, Ljubljana, Sarajewo oder Triest - gehen Sie in ein Kaffeehaus, und sie sind im k.u.k. österreichischen Hoheitsgebiet. Wo wir schon beim Thema sind: dort nämlich, im Kaffeehaus war ein Großteil der Heimat der k.u.k.- Literatur und Kultur. Hier saßen Arthur Schnitzler und Rainer Maria Rilke, Jaroslav Hasek und Egon Friedell, Peter Altenberg und Franz Kafka, Egon Schiele, Gustav Klimt und Alban Berg, Adolf Loos und Joseph Roth auf den eleganten Stühlen des naturalisierten Michael Thonet. Hier funktionierte für einige Jahrzehnte das, was heuer unmöglich erscheint: "Multikulturalität durch Multiethnizität" (András Gerö). Die Donaumonarchie wurde Heimat der Operette und des Jugendstil in Vollendung. Die Strauß-Dynastie, Franz (Ferenc) Lehár und die fabelhaften Architekturen von Otto Wagner, Josef Olbrich, Max Fabiani, Ernö Balázs und Sándor Baumgartner, aber auch Imre Steindl sprechen durch ihre Werke bis auf den Tag. Und sie wurde die Heimat von Legenden wie Kaiser Franz-Joseph und Königin Elisabeth (Sisi), die noch heute mit heißem Herzen verehrt werden.

"Österreich-Ungarn" ist ein üppiger Band, großformatig, durchgehend opulent gestaltet und mit zahllosen Fotografien in Farbe und Duotone sowie Dokumenten und Karten ausgestattet. Er gibt erschöpfend Aufschluß über Vorzeit, Entstehen, Zusammenhalt und Entwicklung dieses in der europäischen Geschichte einmaligen Staatengebildes und seiner Kultur - bis zum Zusammenbruch als Folge des verheerenden Ersten Weltkrieges, in dem es ohne Glanz und ohne Gloria unterging. Ein ohne jede Einschränkung empfehlenswertes Werk. Gedruckt wurde es übrigens in Ungarn...

"Österreich-Ungarn - Das Habsburgerreich von 1867 bis 1918", Hrsg. von Zsuzsa Gáspár
© Verlag Carl Ueberreuter Wien, 240 Seiten - 250 farbige Abbildungen, 24,0 x 29,0 cm
EUR: 29,95 CHF: 49,90 - ISBN: 978-3-8000-7376-4

Weitere Informationen unter: www.ueberreuter.at