Sandro Botticelli (1444-1510)
Ausstellung im Städel zu Frankfurt/Main vom 13.11.09 bis zum 28.02.10 Der junge Sandro war ein schwieriger Schüler, stets unzufrieden und unruhig. So verließ er die Schule, um zu einem Goldschmied in die Lehre zu gehen. Die Goldschmiede galten im 15. Jahrhundert in Italien als die Elite der Handwerker und Künstler. Lucia della Robbia, Donatello, Leonardo da Vinci, um nur einige der Großen zu nennen, hatten die Ausbildung zum Goldschmied absolviert. Sandro mochte aber sich aber auch hier nicht arrangieren und erklärte seinem Vater, daß ihn allein die Malerei fasziniere. Offensichtlich überzeugte er so, daß er zu dem berühmten Maler Fra Filippo del Carmine in die Lehre gehen durfte. Der Erfolg stellte sich bald ein und Sandro Botticelli bekam Aufträge nicht nur für Altar- und Kirchenbilder, sondern auch für Malereien in den Villen der reichen Florentiner. Wie er sich 1475 selbst sieht? Auf dem Bild „die Anbetung der Könige (Florenz Uffizien) steht er in einen gelbbraunen Mantel vorne rechts im Bild und schaut den Betrachter sehr selbstbewußt direkt an.
Maler der Macht
Der blonde Dreißigjährige pflegte enge Beziehungen zu den herrschenden Medici, so daß er nach
Geburt der Renaissance
Um 1485 entstand dann für die Medici Botticellis wohl berühmtestes Gemälde, die Geburt der Venus. Hier wird antike Mythologie dargestellt, keine keusche Maria, kein toter Jesus, sondern die nackte, auf einer Muschel stehende Venus, wie sie von den Rosenwinden an das Ufer gepustet wird. So wird die Antike wiedergeboren, das also ist die Renaissance. Mit diesem Bild tritt Botticelli in Konkurrenz
Die phantasievolle Haartracht mit zwei Zöpfen hinten, geschmückt mit Flechten und Perlenketten, wird ergänzt durch reichen Schmuck: Etliche schmale Goldreifen um den weißen Hals mit einer schwarzen Relief-Gemme als Anhänger kontrastieren reizvoll zu der makellosen Haut. Der frühe Tod der Schönen hat sicher zu ihrem Ruhm in Florenz beigetragen. Mit den jungen und schönen Frauen der Zeit ist aber nicht zu spaßen. Elegant gewandet und melancholisch schauend hält Botticellis Judith, als sie das Zelt verläßt, in der rechten Hand das Schwert und in der Linken auf Augenhöhe den abgeschlagenen Kopf des Holofernes.
Auch der Kentaur, dem die schöne Minerva mit der Hand durch das Haar fährt, schaut ob seiner Zähmung durch die Schöne mit hängendem Kopf durchaus mißmutig drein. Zwar ist der Kopf noch nicht ab, aber das Schicksal des Holofernes wird offensichtlich gefürchtet.
Portraitmaler der Medici
Botticelli war auch als Porträtmaler von den in Florenz Herrschenden außerordentlich geschätzt. Ca. 20 Bildnisse von seiner Hand sind überliefert. Offensichtlich kannte er die in Flandern „erfundene“ Malweise. Sein Bildnis eines Mannes mit der Medaille Cosimo de Medicis ist von der Anlage her sehr ähnlich dem Antwerpener Porträt eines Mannes mit Nero-Münze von Hans Memling. Als Porträtmaler diente Botticelli den Medici und prägte ihr Bild in der Öffentlichkeit. Der Glanz der Medici in Florenz verblaßt, als Savonarola, seit 1485 in Florenz, zunehmenden Einfluß gewinnt. Er sagte den Italienern den Weltuntergang voraus als Folge ihres verderbten, sündigen Lebenswandels. Nur durch Reue und Buße fänden die eigenen Verfehlungen am Jüngsten Tage Gnade vor Gott, predigte er mit zunehmendem Pathos. 1497 zogen seine Anhänger durch Florenz, ließen sich Luxusgegenstände, Kleidung, Möbel, Musikinstrumente auch Bilder aushändigen und verbrannten diese auf der Piazza della Signoria. Legende ist, daß Botticelli auch eigene Bilder auf das Feuer geworfen habe. Botticelli habe sich von dieser Lehre beeindrucken und anstecken lassen. Er habe infolge der Lehren des Savanarola seine Malerei vernachlässigt. Das schreibt jedenfalls Vasari. Wie dem auch sei. In seinen letzten Lebensjahren malt er nicht mehr, ist er verarmt und die Angehörigen schlagen das Erbe aus.
Vasaris subjektive Sicht auf Botticelli
Was wir über Botticelli wissen, wissen wir im wesentlichen von Giorgio Vasari (1511-74), der mit den Lebensbeschreibungen italienischer Künstler (erschienen erstmals 1550) sozusagen als Begründer der Kunstgeschichte angesehen werden kann. Er schrieb aber nicht nur die Künstlerbiographien, sondern bewertete durchaus die Künstler und ihre Werke. Michelangelo schrieb ihm: „Ihr seid der Wiedererwecker der toten Menschen, da ihr den Lebenden das Leben verlängert; die Miserablen übereignet ihr voller Zorn für ewige Zeiten dem Tod“. Warum Botticelli von Vasari überaus kritisch dargestellt worden ist, darüber kann die Kunstwissenschaft spekulieren und mutmaßen. Daß Bottecilli noch heute als schwieriger Charakter, als verschwenderisch, als stets unzufriedener Mensch ohne Bildung dargestellt wird, verdankt er jedenfalls Vasari und dessen posthumem Rufmord. Warum Vasari zwei Hauptwerke Botticellis, nämlich das progagandistische Schandgemälde der erhängten Attentäter von 1478 und den großen Bilderzyklus zur Dantes Göttlicher Komödie, der in Frankfurt nicht gezeigt wird, nicht erwähnt, bleibt ebenfalls unklar. Zur Ausstellung in Frankfurt erschien bei Hatje Cantz ein umfangreicher Katalog mit lesenswerten Essays über das Werk, über den Mythos Simonetta Vespucci, über Vasari und Botticelli, über das Goldene Zeitalter bzw. die Tyrannis unter den Medici, kurz über viele Fragen, den Maler und seine Zeit betreffend. Wie stets sind die Abbildungen hervorragend gedruckt.
Botticelli
Eine Ausstellung des Städel Museums, Frankfurt am Main
13.11.09 bis 28.02.10
Katalog
Mit Beiträgen von Christina Acidini, Gabriel Dette, Bastian Eclercy, Hans Körner, Lorenzo Melli, Ulrich Rehm, Volker Reinhardt, Anna Rühle und Andreas Schumacher.
© 2009 Hatje Cantz, 372 S. mit 294 Abbildungen, gebunden, 49.80 €
Weitere Informationen unter: www.hatjecantz.de und www.staedelmuseum.de
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