Der neue Stolz, ein Deutscher zu sein

Fatih Cevikollus aktuelles Programm "Komm zu Fatih!"

von Frank Becker
Theologie und Praxis
 
Döner für den Kopf
mit dem Kölner Kabarettisten
Fatih Cevikollu
 

Wenn ein Deutscher Witze über Türken und Moslems macht, stößt das oft genug auf den Widerstand von deutschen Gutmenschen. Hach, wir sind ja so politisch korrekt, nein, sowas geht nicht. Wenn ein Türke Witze über deutsche Politiker machen würde, wären da sofort die Fraktion der anderen guten Deutschen auf dem Plan, die dem kleinasiatischen Spacko gerne das Maul verbieten würden. Wenn aber Fatih Cevikollu in seinem politisch-literarischen Solo-Kabarett „Komm zu Fatih!“ scharfzüngig die Pfeile aus seinem gut gefüllten Köcher verschießt, kommen die Schüsse aus allen Richtungen, und er trifft Ziele in allen Lagern.
 
Sieht aus wie Ali, spricht wie Hans

Der Mann, der aussieht wie Ali und spricht wie Hans hebt sich bewußt von der flachen Comedy-Szene ab, auf der sich intellektuelle Dünnbrettbohrer wie Mario Barth und Cindy aus Marzahn tummeln. Hier trifft Germanistik auf türkisches Mimikri, wird Brainstorming zum Hirngewitter, zeigt ein echter Deutscher den fahnenschwenkenden Deutschen-Kopien wo der Duden hängt. Fatih Cevikollu ist ein Glücksfall, denn einen besseren Deutschen hat Köln-Nippes wohl seit 55 Jahren nicht hervorgebracht. Wer sich auch nur im geringsten um den Bestand der Sprache der Dichter und Denker Sorgen macht, sollte sich den Namen des 1. F.(atih) C.(evikollu) aus Köln merken. Den würde ich sofort zum Kalifen von Nippes wählen, und hätte ich bei Überfremdung die Wahl, wer bleiben darf und wer gehen muß – Barth und Cindy hätten ganz schlechte Karten.
 
Fatih Cevikollu spielt in bester Tradition einer Lore Lorentz wortgewandt, elegant und bitterböse mit allgegenwärtigen Anglizismen, der Verdrängung des Deutschen durch Werbe-Denglisch und Business-Geschwafel aus dem täglichen Sprachgebrauch. Seine delikate Benutzung archaischer Wendungen, Begriffe und Worte seiner, meiner und gewiß auch Ihrer Kultursprache „Deutsch“ läßt aufhorchen und öffnet Ohr und Herz. Mundschenk statt Barkeeper – was für ein Genuß! Wohlan, obschon, wenngleich – rettet diese Worte! Fatih findet hier einen erklärten Verbündeten.
 
Vereinfachungen schmunzelnd abgelehnt

Vereinfachungen wie „Alle Türken sind Asis, alle Moslems sind Terroristen und alle Deutschen sind Nazis (und die Erde ist eine Scheibe)“ lehnt er rigoros ab. Er ist schließlich keiner. Kein Nazi, meine ich. Und wenn dann wirklich mal einer, der wie geschmiert in die Vorurteilsgruppe 1 paßt, Bemerkungen wie „Ey isch mach Body“ erbricht, bleibt nur die Antwort: „Daß du nicht Brain machst, hör ich!“.
Fatih findet auch gute böse Worte für und über die Tagespolitik und ihre Lügenbarone, nennt Angela Merkel, den fleischgewordenen Hosenanzug einen sprechenden Sitzsack, von und zu Guttenberg die gegelte Seite der Macht und bekennt, daß er glaubte, Westerwelle könne kein Englisch – bis er Oettinger gehört hat. Überhaupt: Westerwelle – den und gewisse andere Exoten unseres derzeitigen Kabinetts liebt er gar nicht. Die Feststellung, daß die SPD jetzt soviel Prozente hat wie eine Apfelschorle, wurde im Saal bejubelt. Aber um Handzeichen gebeten, wer CDU oder FDP gewählt habe, blieben die Gäste im Saal der Remscheider Klosterkirche stickum.
 
Widersprüche

Daß ein frauen- und kinderloser zölibatärer Theoretiker namens Papst (der Heilige Fatih) sich

© www.fathiland.de
herausnimmt, für Afrika Kondome abzulehnen, paßt ebenso ins Bild, wie der Name seines Auto: Papamobil. Mit welchem Recht bitte heißt das so? Für Iranreisende hält er im Gegenzug den Rat bereit, als Christ auf dem Marktplatz von Teheran nicht auszurufen: „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“: „Die haben da eine andere Übersetzung!“.
Zu den Bonbons seines originellen Programms gehören gekonnte Parodien auf den brasilianischen Freund João, einen Inder, türkische Prolls und Russen, die Deutsche sein wollen. Da muß sich ein guter Deutscher wie Fatih, natürlich nur verbal, wehren. Wie leicht man ein dauerberieseltes deutsches Publikum erschrecken kann, zeigte zu Beginn die allgemeine Irritation auf die wortreiche türkische Begrüßung der beiden einzigen Türken im Saal und am Ende die durch zunehmende Zwischenrufe markierte Irritation, als der Künstler nach immerhin 150 Minuten Programm anstatt zweiter Zugabe mal geschätzte 60 Sekunden schwieg und lächelte. Das halten Kleingeister nicht aus. Die Mehrheit allerdings zeigte mitschweigend Form und Format. Fatih Cevikollu sollte man nicht versäumen. Endlich mal wieder gutes deutsches literarisches und Polit-Kabarett. Mein Rat: „Geht zu Fatih!“

Weitere Informationen unter: www.fatihland.de