Kronen machen Leute
„König Lear“ als Reise nach Jerusalem
In der deutschen Fassung von Werner Buhss
Inszenierung: Marcus Lobbes – Dramaturgie: Oliver Held – Bühne und Kostüme: Pia Maria Mackert – Video: Michael Deeg - Fotos: Sonja Rothweiler
Besetzung: Sophie Basse – Thomas Braus – Gregor Henze – Maresa Lühle – Andreas Möckel – Juliane Pempelfort
Mörderisches Drama
Es ist eines von William Shakespeares (1564-1616) blutigsten, mörderischsten Dramen, verstörend ob der hemmungslosesten Gewalt in den Köpfen und Herzen des negativen Teils der dramatis personae: „King Lear“. Unmittelbar vor „Macbeth“ und kurz nach „Othello“ im Jahr 1605 entstanden, greift das Stück ganz tief in die Versatzstück-Kiste der Königsdramen und die Gruselschublade des „Titus Andronicus“ (1593). Die Rolle des Königs, der seinen Machtanspruch zugunsten seiner Töchter
Lear kompakt und burlesk
Nicht einer, nein alle Darsteller und Darstellerinnen auf der bestechend einfachen Guckkasten-Bühne treten als König Lear und als jede andere der in der radikal gestrichenen Bearbeitung von Marcus Lobbes (Regie) und Oliver Held(Dramaturgie) verbliebenen gerade
mal acht Figuren an die Rampe – das sei bitte wörtlich zu nehmen, denn in hergebrachter Theater-Tradition agierten die Schauspieler überwiegend an der Rampe und en face zum Publikum. Die enorm gestraffte Fassung von einer Stunde und 45 Minuten ohne Pause wirkte nicht nur wie ein Schnelldurchlauf, es war einer. Das jedoch nicht zum Schaden des Dramas, wenn auch ein deutlich empörtes älteres Ehepaar im zur Schau gestellten Besitze von Reclams Schauspielführer mißbilligend raunend den Kopf schüttelte. Das galt denn wohl auch der ungewohnten Handhabung des mörderischen, todernsten Stückes, denn Marcus Lobbes hatte etwas gewagt, was bei dogmatischen Shakespearianern sicher als Sakrileg betrachtet wird, dem von der Bleischwere mancher Lear-Inszenierung übersättigten Theaterfreund hingegen Luft und Lust verschaffte: Lear kompakt und burlesk. Das geht nicht? Das geht!
Kronen machen Leute
Fanfaren von den Mündern des Ensembles kündigen den Auftritt Lears an, die zu den nahezu
Mit Blindheit geschlagen
Ein Entkommen aus dem mit Script-Seiten ausgeschlagenen Bühnenkasten ist den Figuren ohnehin nicht möglich, sie müssen sich in ihrer kleinen Welt arrangieren, über der als Wortspiel groß und grob hingepinselt „LEER“ steht. Wenn nach 70 Minuten unter Sausen die Rückwand mit der fürstlichen Nomenklatur ins Dunkel der Hinterbühne und die Blindheit Gloucesters fällt, ist das Ende eingeläutet. Figur um Figur legt zum Zeichen ihres dramatischen und tragischen Hinscheidens ihre Krone vor der
Eine wirkliche Perle des aktuellen Bühnengeschehens dieser Saison an einem Haus, das durch die defizitäre kommunale Finanzpolitik in seinem Bestand bedroht ist. Mit der Blindheit eines Gloucester sind anscheinend auch die Wuppertaler Stadtväter geschlagen. Hier wird Vollblut-Theater gezeigt, wie es auch dem Stratforder William S. gefallen hätte. Eine dringende Empfehlung.
Weitere Informationen unter: www.wuppertaler-buehnen.de
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