Es ist alles so still um mich her...
Eine gestraffte Bühnenfassung
des Goethe´schen Brief-Romans "Die Leiden des jungen Werthers" in Remscheid "Was ich von der Geschichte des armen Werthers nur habe auffinden können, habe ich mit Fleiß gesammelt, und leg es euch hier vor, und weiß, daß ihr mirs danken werdet. Ihr könnt seinem Geiste und seinem Charakter eure Bewunderung und Liebe, seinem Schicksale eure Thränen nicht versagen.
Und du gute Seele, die du eben den Drang fühlst, wie er, schöpfe Trost aus seinen Leiden, und laß das Büchlein deinen Freund sein, wenn du aus Geschick oder eigner Schuldkeinen nähern finden kannst!"
Wie bei einem guten Film
Kennen Sie das auch? Sie wissen wie der Film endet – Sie kennen ihn längst, weil aber die Spannung fesselnd aufgebaut ist und die Darsteller brillieren, sehen Sie ihn mit Genuß zu Ende. Genau das war am vergangenen Samstag im WTT der Effekt bei der Premiere von Goethes in nur vier Wochen niedergeschriebenem „Die Leiden des jungen Werthers“ (über das kleine "s" läßt sich trefflich
Atemlos verliebt
Von Helmut Pock eingerichtet, ausgestattet und inszeniert, bot das intime Theater in Remscheid mit seiner kompakten Einpersonen-Fassung von 80 Minuten auf karger aber wirkungsvoller Bühne anspruchsvolle Abendunterhaltung auf hohem Niveau. Vor einem sich aus allen Generationen zusammensetzenden Publikum - ein Beleg für die Wertschätzung des Stoffes - schritt Thomas Ritzinger als Goethes Alter Ego mit dem Überschwang der Werther´schen Jugend auf Blüten durch die letzten Monate, Wochen und Tage seines jungen, atemlos verliebten Lebens - Blüten, die er in aufwallender Liebe zu Lotte um sich streut. Er ist glücklich, unbeschwert, raucht zufrieden einen Joint, trinkt ein Schnäpschen, liest im zerfledderten Homer. Doch man spürt hinter dem sonnenhellen Jauchzen auch die innere Unruhe unseres blutvollen, klassischer Dramatik zugeneigten jungen Freundes. Sprunghaft und in fast hysterischer Euphorie stürzt Werther ans Pult und schreibt seine Empfindungen, Gedanken nieder, hetzt durch den Tag, als müsse noch viel getan werden, bis...
Eine Frage der Ehre
Derweil betet er „seine“ Lotte S. an, die die Seine wahrhaft nicht ist, gar nicht sein kann, ist sie doch
Das trifft auch auf Helmut Pocks Spiel mit der Tonkulisse zu. Da wäre weniger weit mehr, denn man muß nicht schreckensbleich im Sessel hochfahren, wenn ein Schlagzeug oder Kirchenglocken einsetzen. Das Donnergrollen bei Erwähnung Alberts geht ja noch an. Das Spiel mit imaginären Versatzstücken und Anachronismen wie Plattenspieler, Armbanduhr, Revolver oder dem Einsatz von Klavier-Musik Chopins hingegen amüsiert. Am Ende wird sich der tragisch Verliebte - Lotte könnte, hindert ihn nicht - das Lebenslicht ausblasen. Wörtlich.
Eine Empfehlung der Musenblätter. Die nächsten Vorstellungen gibt es am 8. Mai um 20.00 Uhr und am 9. Mai um 16.00 Uhr.
Eintritt: 12,00 € / 7,00 € ermäßigt Telefonische Kartenreservierung unter: 02191-32285. Weitere Informationen unter www.wtt-remscheid.de
|