Ein kleiner, großer Opernabend

Wolfgang Rihms "Proserpina" in Wuppertal

von Martin Freitag

Foto © Frank Becker
Proserpina
 
Ein Monodram von Wolfgang Rihm
nach Johann Wolfgang Goethe
Premiere am 11.04.10


Luzider Wohlklang
 
Die Wuppertaler Bühnen setzen ihre Koproduktionen mit den Schwetzinger Festspielen fort - nach der erfolgreichen UA von Wolfgang Rihms Einakter
"Proserpina" nach einem Monodrama J.W. Goethes in Schwetzingen fand der siebzigminütige Abend seinen Weg nach Wuppertal. Rihms Öperchen ertrinkt nahezu in wohlklingender moderner Musik, denn der Komponist findet einen Grundton, der an Richard Strauss´ Spätwerk "Daphne" erinnert, die Antike wird mit einem luziden Orchesterklang und klassischen Direktzitaten (Mozart und Gluck) evoziert. Der Mythos um die entführte Proserpina, die in der Unterwelt von einem Granatapfel kostet und sich damit zum Bleiben verdammt, wird durch einen hohen Sopran und Frauenchor (innere Stimme Proserpinas und Parzen) ebenfalls recht lyrisch besetzt.
 
Ausdrucksstark: Elena Fink
 
Elena Fink hat nach ihrer Stimmkrise wieder eine große Hochleistung vollbracht, mit wunderschönen Lyrismen und ausdrucksstarker Präsenz verführt sie das Publikum in ihren mannigfaltigen Aufgaben zur zeitgenössischen Musik. Der Frauenchor wie das Sinfonieorchester Wuppertal überzeugen unter der Leitung von Florian Frannek vollends zu den Klangschönheiten Rihms. Christian Natter, Andreas und Sascha Jähnert geben mit intensivem Spiel mimischer, wie körperlicher Art den sinnlichen Part von dem Entführer Pluto (dem Unterweltsgott) und den drei Parzen.
Für die szenische Arbeit, in der gekonnten Einstudierung von Beate Baron, hatte man keinen geringeren als Hans Neuenfels gewonnen, der das Monodrama zu einem Psychostück über das Thema Geschlechter, Macht und Sexualität biegt, was hinreißend funktioniert, denn seine naive Bilderwelt findet manchmal verblüffende, unter die Haut gehende Lösungen für die Szene - manches kleine Detail geht auch mal daneben, faszinierend bleibt es allemal.

Ensemble - Foto © Uwe Stratmann
 
Kleiner, großer Abend
 
Gisbert Jäkel bezieht sich mit seinem Rundpavillion, der in der guten Stunde schnelle, erstaunliche Umwandlungen erfährt, auf den klassizistischen Hintergrund der Vorlage. Elena Schnizlers Kostüme gehen in ihrer phantasievollen Art den Weg historischer Anspielungen bis zu modernem, avantgardistischem Duktus. Bei der Premiere begeisterter Beifall, besonders für die den Abend tragende Elena Fink, aber auch für alle übrigen Beteiligten. Mit diesem kleinen, doch großen Abend haben die Wuppertaler Bühnen, nach der letztsaisonalen UA von Sciarrinos "Vor dem Gesetz", mal wieder die Nase vorn, was gutes, zeitgenössisches Musiktheater betrifft.



Weitere Informationen unter: www.wuppertaler-buehnen.de
 
 Redaktion: Frank Becker