Nude Visions
150 Jahre Körperbilder in Fotografie und Malerei Eine Ausstellung im Von der Heydt Museum Wuppertal Nur noch bis 15. August zu sehen
Begehrtes Objekt künstlerischen Schaffens
Der nackte menschliche Körper ist – aus welchen Motiven und mit welchen Zielsetzungen auch immer – seit jeher ein bevorzugter Gegenstand künstlerischen Schaffens, von den frühen
Akademisches und Frivoles
Schon kurz nach ihrer Erfindung (es kursieren in der Fotogeschichte zwei „Geburtsurkunden“, die auf
Fotografie vs. Malerei
Von Anfang an hatte sich die Fotografie einen – letztlich aussichtslosen – Konkurrenzkampf mit der Malerei geliefert. Dies bezeugen in der Wuppertaler Ausstellung jene Aktfotografien, die dem um 1900 populären sog. Piktorialismus zuzuordnen sind, Fotos also, die durch manuelle Nachbehandlungen oder mit Hilfe des Bromöl- und Gummidruckverfahrens Wirkungen anstrebten, die der Ästhetik des Impressionismus oder auch des Jugendstils verpflichtet waren, um der Fotografie und mithin der Aktfotografie auf diese Weise die Weihen der „hohen Kunst“ zu verleihen.
Im Unterschied dazu beschwören die Aktfotografien, die im Kontext der lebensreformerisch motivierten Freikörperkulturbewegung des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts entstanden, die angeblich ursprüngliche, kreatürliche Einheit von Mensch und Natur. Fern aller Erotik, aber nicht ohne Pathos, das uns heute zuweilen geradezu komisch anmutet, feiern sie den nackten Menschen, der sich nur in ein „Lichtkleid“ gehüllt in der Sonne badet oder sportlich betätigt.
Künstlerische und gesellschaftliche Umbrüche
Erst in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts kam die Fotografie mit Strömungen wie dem Neuen Sehen und der Neuen Sachlichkeit (und der „straight photography“ in den USA)
Zu den gesellschaftlichen Umbrüchen der späten 60er und frühen70er Jahre gehörte auch die sogenannte Sexuelle Revolution, und die Aktfotografie erlebte in jenen Jahren einen ungeahnten Boom. Zur Ikone dieses Aufbruchs wurde Uschi Obermaier, die in Wuppertal mit einem Foto von Guido Mangold präsent ist (übrigens kein Aktfoto im eigentlichen Sinne, trägt das Modell doch eine nasse Bluse, die seine körperlichen Reize allerdings durchaus betonen). Fotografische Bilder „nackter Tatsachen“ eroberten rasch die Printmedien, und das zuweilen als inszenierter Tabubruch daherkommende Aktfoto war Bestandteil und Baustein eines Programms, das auf Emanzipation aus tradierten politischen, sozialen und kulturellen Zwängen zielte. Seither wurden (nicht zuletzt durch das Internet) die Schwellen dessen, was als moralisch akzeptabel gilt, stetig tiefer gelegt, manches Aktfoto streift nicht nur die Grenze des Obszönen, sondern thematisiert – in kritischer Absicht – explizit Pornographisches (Timm Ulrichs, Thomas Ruff).
Das Wuppertaler Konzept
Die trotz der etwas unübersichtlichen Raumfolge gelungen gehängte Wuppertaler Ausstellung
Sehenswert
Das informative, 416 Seiten umfangreiche, zweisprachige Katalogbuch (deutsch – englisch) mit zahlreichen Abbildungen sowie Beiträgen des Leiters der Fotosammlung des Münchner Stadtmuseums Ulrich Pohlmann und anderer Textautoren ist durchaus empfehlenswert, auch wenn es die Breite und Tiefe des 1985 erschienenen Standardwerks „Das Aktfoto“, herausgegeben von Michael Köhler und Gisela Barche, nicht erreicht.
„Ohne Zweifel vermag nichts den Blick so auf sich zu lenken, wie der nackte menschliche Körper“. Diese Feststellung aus dem Jahr 1909 hat auch 100 Jahre danach nichts von ihrer Aktualität verloren.
Nude Visions
150 Jahre Körperbilder in Fotografie und Malerei Von der Heydt-Museum, Wuppertal
1. Juni – 15. August 2010
Das Katalogbuch zur Ausstellung, herausgegeben von Ulrich Pohlmann und Rudolf Scheutle, ist im Kehrer-Verlag, Heidelberg, erschienen und kostet 25,– €.
Redaktion: Frank Becker |