Babytalk

Musical mit ernsten Tönen in Coburg

von Alexander Hauer
Coburg 

Babytalk
 
Musical von Peter Lund und Thomas Zaufke
 
Musikalische Leitung: Daxi Pan | Dramaturgie: Kathrin Liebhäuser | Inszenierung: Hendrik Müller | Ausstattung: Julia E. Beyer Fotos: Henning Rosenbusch
Besetzung: Charlotte: Katrin Dieckelt | Robert: Jason-Nandor Tomory


Die Vertreibung aus dem Paradies
 
Sie sind ein schönes Paar, jung, gutaussehend und erfolgreich. Man lebt den gemäßigten Luxus,

Foto © Henning Rosenbusch
immerhin hat man ja „double income, no kids“! Da ist das Leben leicht, so ganz ohne Verantwortung. Robert und Charlotte sind so ein Traumpaar. Beruflich abgesichert, er ist Pädagoge, sie Juristin, genießen sie das Leben. Aber plötzlich fehlt Robert etwas, er will ein Kind. Sie: “Das würde mir nur die Prozessakten vollkotzen.“ Und damit beginnt der moderne Sündenfall, die Vertreibung aus dem Zweisamkeitsparadies hinein in die Realität mit drohender Menopause, versiegender Fruchtbarkeit und dem Abschied von der Leichtigkeit des Seins.

Abenteuerspielplatz mit Jazz-Combo
 
Dieses Dilemma bringt Regisseur Hendrik Müller im wunderbaren Abenteuerspielplatzbühnenbild von Julia E. Bayer aufs Tapet. In Kathrin Dieckelt und Jason Tomory steht ihm das Coburger „Traumpaar“ zur Verfügung, eine Konstellation, die schon in „Sweeny Todd“ überzeugte. Zwei Opernsänger mit der Fähigkeit, die scheinbar leichte Muse zu bedienen. Dem umgekehrten Prinzip der griechischen Tragödie folgend beginnt der Abend humorvoll. Ein Paar, das sich durchs Leben träumt, seinem erotischen Appeal frönt, ohne dabei ins Lächerliche oder Peinliche abzudriften, aber sich dann immer mehr in einen zerstörerischen Grabenkrieg versteigt.
Thomas Zaufkes jazzig geschriebene Musik, die geschliffenen Texte von Peter Lund garantieren einen gelungenen Abend irgendwo zwischen Komödie und großem Drama. Die kleine Combo um

Foto © Henning Rosenbusch
Daxi Pan am Flügel, den Rhythmus gebenden Dirk Schade am Kontrabaß und die hinreißend spielende Susanne Kolb wirken den Klangteppich, auf dem das Sopran-Baritonpaar sicher schreiten kann. Die warme, nuancenreiche Stimme Kathrin Dieckelts findet die ideale Ergänzung in Jason Tomorys klug geführtem Kuschelbariton.

Bittere Realitäten
 
Hendrik Müller stellt den Beiden zwei Statisten, nein, die Leistung von Theresa Wunder und Johannes Übler geht weit über übliche Statistenleistungen hinaus, also, zwei weitere Mitspieler zur Seite. Die beiden spielen die Umwelt und das schlechte Gewissen des Paares.
Nach einer Fehlgeburt, Roberts Fremdschnackseleien, Streit und Versöhnung geht der Abend zu Ende - Charlotte ist wieder schwanger. Aber sie will das Kind alleine großziehen, die Beziehung zu Robert ist vorbei. Peter Lund verkneift sich ein Happy End, der Zuschauer sieht sich mit den Realitäten der heutigen Zeit konfrontiert. Die modernen Zeiten sind so, dabei wünschen wir uns doch alle insgeheim eine glückliche Beziehung. Nur das Arbeiten daran, das fällt uns allzu schwer.

Redaktion: Frank Becker