Wahre Kriminalgeschichten

Heike Zielasko und Falko Pyck - "Tatort Rhein-Ruhr"

von Frank Becker
Verbrechen lohnt nicht

Eigentlich merkt man es gar nicht, wenn man nicht Opfer, Polizist, Mordermittler, Staatsanwalt, Richter oder Kriminaljournalist ist: auch in der scheinbar so heilen bürgerlichen Welt des Alltags zwischen Rhein und Ruhr, Wupper und Lippe sind wir von Mord und Totschlag, Taschendieben und Entführern, Vergewaltigung, Eigentums- Kriminalität und Betrug umgeben. Heike Zielasko und Falko Pyck sind bei ihren Recherchen für ein ganz anderes Buch- Projekt in nordrhein-westfälischen Archiven auf historische und aktuelle Kriminalfälle gestoßen, die in den vergangenen sieben Jahrzehnten tagesaktuell oder über lange Zeit Aufsehen erregten -  und die zum Teil bis heute nicht aufgeklärt werden konnten.

Das im auf Regionalia spezialisierten Sutton Verlag erschienene Buch erzählt unprätentiös, sachlich, jedoch nicht aktenmäßig trocken von kleinen Gaunereien und schweren Verbrechen, von Tätern, Opfern und Zivilcourage, wobei dankenswerterweise auf jede Sensationsmache verzichtetet wurde.
Heike Zielasko und Falko Pyck beschränken sich in ihren meist kurzen Fallbeschreibungen, die sie in Nordrhein-Westfälischen Archiven aufgestöbert haben, auf das Wesentliche, nämlich die Nachricht und evtl. die zeitgenössischen Kommentare dazu. Wir erfahren, daß Jugendkriminalität ganz offensichtlich kein neues Phänomen ist und daß angeblich oder tatsächlich vor einer Tat genossener Alkohol schon immer eine beliebte Ausrede für Gewalttäter und Verbrecher war. Eigentlich erstaunlich, daß Gerichte immer noch Alkoholgenuß als strafmildernd berücksichtigen.

Mit erstaunen werden viele Leser, vor allem jüngere, registrieren, daß Ende der 40er bis weit in die 60er Jahre hinein die Region an Rhein und Ruhr zeitweise quasi der "Wilde Westen" war, weil viele durch den Krieg entwurzelte Menschen, aber auch brutale Nutzer der teils noch ungefestigten staatlichen Ordnung die Gelegenheit zur Bereicherung auf Kosten anderer nutzten. Das "Fringsen", also den vom Kölner Kardinal Frings in seiner Silvesterpredigt 1946/47 gerechtfertigten Kohlenklau nehmen wir mal ausdrücklich aus. Als es in der Verbrecherwelt "modern" wurde, wohlhabende Bürger zu entführen, wurde ALDI-Gründer Theo Albrecht eines der prominenten Opfer, Zielasko/Pyck schildern den Fall ebenso wie die versuchten Entführungen von Britta Steilmann (verhindert) und der Familie des Fußballers Matthias Sammer (ebenfalls verhindert, weil ein Mittäter absprang, als er erfuhr, um wen es ging). Manch ein Bürger wird heute gar nicht mehr wissen, daß in den 70er Jahren die sogenannte RAF, die Verbrecherbande um Ulrike Meinhof und Andreas Baader und ihre Nachfolger, auch im Rhein-Ruhr-Raum ihr Unwesen trieb und sich Schießereien mit der Polizei lieferte.

Das recht bunte Kaleidoskop der Straftaten reicht vom Eierdieb und Einbrecher über kleine und große Betrüger, Brieftauben-Erpresser und eine Körperverletzung mittels totem Hunhn bis hin zu unbegreiflich brutalen und gewissenlosen Mordtaten. Abgründe der menschlichen Seele tun sich auf, aber mitunter kann man sich angesichts der Dummheit viele Täter auch ein Schmunzeln nicht verkneifen. Nicht immer sind die berichteten Fälle ausrecherhiert, oft nur angerissen. Unterm Strich aber kommt raus: Verbrechen lohnt nicht.
 
Beispielbild

Tatort Rhein-Ruhr
Wahre Kriminalgeschichten

zusammengestellt von
Heike Zielasko und Falko Pyck

© 2009 Sutton Verlag
94 Seiten, Broschur, mit vielen Original-Fotos und Bildern von Helmut Orwat, ISBN 978-3-86680-567-5
14,90 €

Weitere Informationen unter:
www.suttonverlag.de
www.pickzielpress.de