Klaus Wagenbach wird heute 80!

Die Musenblätter gratulieren einem standhaften Verleger

Red./Frank Becker
Klaus Wagenbach:
Die Freiheit des Verlegers
 
"Die wichtigsten Texte aus fünf Jahrzehnten, größtenteils erstmals publiziert: Über Bücher und Autoren, über Politik und die deutschen Verhältnisse, über Italien, die Kunst und die Mutter" (so der Klappentext) transportiert ein literaturhistorisch, zeitgeschichtlich und erzählerisch gleichermaßen köstlicher Band, der zum 80. Geburtstag des Verlegers und Italienfreundes Klaus Wagenbach in seinem Verlag von Susanne Schüssler herausgegeben wurde. Der Untertitel verrät, was das 352 Seiten starke (und keine ist zuviel!) Buch dem Leser spendiert: "Erinnerungen, Festreden, Seitenhiebe".
 
"Klaus Wagenbach, einer der letzten aus einer Generation von unabhängigen, eigenwilligen und leidenschaftlichen Verlegern", lange Zeit durch seine heute längst anerkannte politische Parteinahme und seine unbequeme Einstellung zu Anarchie und Widerstand umstritten, hat viel zu erzählen. "Ein linker, aber undogmatischer Kopf, der nicht vor den Konsequenzen politischen Handelns zurückschreckt" ist er und "ein früher und bis heute unerschütterlicher Liebhaber Italiens", was sich durch sein italophiles Verlagsprogramm und seine eigenen Herausgaben zum Land seiner Träume dokumentiert. Vor 59 Jahren reiste der damals gerade mal 21 Jahre alte Klaus Wagenbach zum ersten Mal nach Italien - mit dem Fahrrad, notabene - und lernte die Liebenswürdigkeit der Italiener kennen, die bis heute die selbe geblieben ist und Wagenbach zum Italien-Freund machte. Dieser Liebe verdanken wir ein in seinem Umfang und seiner Auswahl einzigartiges Verlagsprogramm zur italienischen Literatur. Neben der fundamentalen literaturgeschichtlichen Aufarbeitung des Werkes und Lebens Franz Kafkas, dem Wagenbach den humorig formulierten Rang "dienstälteste Witwe Kafkas" verdankt, ist Italien zum anderen Hauptthema des Wagenbach Verlags geworden, zu dessen breitem Spektrum auch Lateinamerika und Großbritannien, Sachbücher, Krimis und Bücher übers Theater gehören. 
Eine weitere Auswahl an Buchbesprechungen findet man in den Musenblättern unter dem Stichwort Wagenbach.

Daß er "außerdem: ein heiterer Geschichtenerzähler, ein eifriger Vorwortschreiber, ein freudig erwarteter Festredner, aber auch einer, der gern widerspricht, wenn die öffentliche Meinung jemanden moralisch und politisch gar zu korrekt schlachten will" ist, zeigt Susanne Schüsslers sorgsam edierter Band mit vielen Erstdrucken Wagenbachscher Texte, deren Nichtveröffentlichung man Verlag und Verleger nicht hätte verzeihen können.
Das Buch zeichnet in seinen Kapiteln "Woran ich mich erinnere", "Deutsche Verhältnisse", "Hundsangen", "Autoren, Freunde, Nickel", "Werthe Collegae", "Luftig, schuftig" und einem Epilog mit Texten Klaus Wagenbachs über Italien und seine Kulturgeschichte, Politik, Literatur, Autoren, Personen aus
Öffentlichkeit und Alltag, Kultur und Verlagslandschaft ein Bild seiner - unserer Zeit. Viele der Texte sind bisher nicht veröffentlicht worden (s.o.), etliche bereits publizierte wichtige Texte, Zeitschriftenartikel, Reden, auch Zeitdokumente des "deutschen Herbstes" wie die Grabrede für Ulrike Meinhof, wurden in Auswahl jedoch ebenfalls aufgenommen.
Hinzu kommen erst jüngst entstandene biographische Aufzeichnungen: "Vom gegen die Nazis rebellierenden Großvater, der reformbewegten Mutter, dem Vater, der nur Latein, Griechisch und Hebräisch konnte; darüber, wer und wie nach dem Krieg die Demokratie aufbaute, warum Kollektive träumen und Frauen besser kommunizieren können." Ein Buch das, wäre es ein Film, das Prädikat "besonders wertvoll" erhalten müßte.
 
 
Klaus Wagenbach - Die Freiheit des Verlegers
Erinnerungen, Festreden, Seitenhiebe
Geburtstagsformat
Herausgegeben von Susanne Schüssler
© 2010 VErlag Klaus Wagenbach, 352 Seiten. Gebunden mit Schildchen
19,90 € / 34,90 SFr / 20,50 € [A] - ISBN 978-3-8031-3632-9